Freitag, 25. März 2011

Die Westküste (4.2.-13.2.)

Da der Reiseführer Westport als die trostloseste Stadt der Westküste anpries, fuhren wir schnurstracks dorthin, um ein gar nicht so trostloses Städtchen vorzufinden, das sogar ein Kino besaß. In diesem Kino wurden wir von einem ehemaligen Model, das seine zu Recht nie stattgefundene Karriere unter anderem nach Hamburg und München verschlagen hatte, mit Tipps und Geschichten geradezu überschüttet und fuhren auf ihren Rat hin trotz des eher unbeständigen Wetters die Westküste nach Norden hinauf nach Kohaihai, einem wunderschönen Campingplatz, der auch der Start beziehungsweise Endpunkt des Heaphy Tracks ist, den wir allerding nur anwanderten. Statt der großen Wanderung machten wir kleine Spaziergänge unter anderem im Opara Basin, wo es einen riesigen Torbogen aus Stein und eine Höhle mit Riesenspinnen (20 cm Durchmesser) gab. Ich bin todesmutig und mit Kapuze auf dem Kopf ein ganz schönes Stück in die Höhle rein, konnte beim hektischen Umherspähen allerdings keine Tiere entdecken und bin dann auch ganz schnell wieder nach draußen. Aber wie man auf dem Bild sieht, das Jochen gemacht hat als ich schon weg war, gab es wohl doch welche. Ein Glück, dass ich bei Tierbeobachtungen immer so blind bin. Unglücklicherweise und keinesfalls altersbedingt bekam Jochen wieder zurück in Westport eine Art Hexenschuss, so dass sich unser Reisetempo etwas verlangsamte und wir auch vorerst keine weiteren größeren Wanderungen planten. Aber die Westküste ist auch so wirklich spektakulär und so gut erschlossen, dass man viele Sehenswürdigkeiten praktisch von der Straße weg besichtigen kann, wie zum Beispiel die weltberühmten Pancake Rocks. An einem verregneten Tag in Greymouth lernten wir die neuseeländische Art des Saunierens kennen. Die singuläre Sauna ist zentral am Spaßbecken gelegen, so dass man maximale Schwimmbadbeschallung bekommt. Man trägt seine nassen Badesachen und setzt sich selbstverständlich ohne Handtuch aufs Holz. Allerdings schwitzt man dieses gar nicht so sehr voll, da man höchstens ein paar Minuten in der Sauna bleibt. Man kehrt aber später wieder zurück, um weitere Minütchen zu bleiben oder auch nur um schnell rein zu kommen und ohne zu fragen einen kleinen Aufguss zu machen. Nach der Sauna duscht man sich nicht kalt ab, was, auch wenn man es wollte, gar nicht so einfach ginge, da die einzige Möglichkeit an kaltes Wasser zu kommen ein Schlauch ist, mit dem man alle Passanten nass spritzt, wenn man ihn benutzt. Also eine rundum gelungene Sache.
Der Lake Brunner ist bekannt für seine Forellen, also verließen wir kurz die Westküste und fuhren ins Landesinnere. Wir konnten vom Ufer aus auch stattliche Exemplare sehen, allerdings konnte Jochen aus unerfindlichen Gründen keine fangen, obwohl wir dort zwei Tage verbrachten. Eine Nacht parkten wir unseren Bus auf der noch unbebauten Seite des Sees, an der aber schon fast alles verkauft ist und wo in einem Jahr ein Neubaugebiet sein wird. Bei solchen Gelegenheiten bin ich immer noch mal so froh, dass wir die Reise jetzt gemacht haben, denn alles verändert sich so schnell und meistens ja doch nicht zum Besten. Jedenfalls ging es Jochens Rücken nach den Ausruhtagen wieder einigermaßen gut, so dass wir zum Arthur‘s Pass fuhren um dort eine Tageswanderung auf den Avalanche Peak zu machen. Dies wurde leider von einer Sturmwarnung vereitelt und wir verbrachten einen gemütlichen Tag im Bus mit gar nicht so viel Regen, aber dafür mit Linsen und Spätzle zum Abendessen. Arthur‘s Pass ist eigentlich nicht mehr als ein Paar Restaurants und Cafès, aber in Neuseeland sehr berühmt weil es dort viele Kakas (Bergpapageien) gibt, die berüchtigt dafür sind, alles zu zerstören, was sie in ihre Krallen bekommen: Zelte, Wanderschuhe, Autodichtungen… Und tatsächlich bekamen auch wir ein Exemplar zu Gesicht und wenn der Kaka fliegt, sieht er tatsächlich aus wie ein Papagei, denn dann kommen seine roten Federn zum Vorschein. Zurück an der Westküste versuchte ich in Hokitika, der Jadehauptstadt Neuseelands einen Anhänger zu erstehen. Aber ich war vom Angebot und den Busladungen an Touristen im Kaufrausch so überfordert, dass wir unverrichteter Dinge weiterfuhren. Mir war vor der Reise gar nicht bewusst, dass ich anscheinend so große Schwierigkeiten habe, mich zu entscheiden, aber Jochen hat daraus schon einen Running Gag gemacht und behauptet, selbst bei Eissorten wäre dem so (Anmerkung Jochen: Eisverkäufer werden nach 5 Minuten nun mal ungeduldig!). Ich finde, er übertreibt maßlos, aber bei den Jadeanhängern hatte er ausnahmsweise mal recht.

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Donnerstag, 24. März 2011

Your backpack is much too heavy: Der Travers Sabine Circuit im Nelson Lakes Nationalpark (27.1.-4.3.)

Der Inland Track hatte uns auf den Geschmack gebracht und so kauften wir uns einen Backcountry Hut Pass, mit dem wir ab jetzt in fast allen Hütten für umme übernachten können. Damit er sich auch gleich lohnt, hatten wir uns den sechstägigen Travers Sabine Circuit ausgesucht: immer am Fluss entlang ins Tal rein, über einen krasse 1787 Meter hohen Sattel in das andere Tal und wieder raus, wir hofften auf wenig Wald und viel Alpines. Bevor wir losmarschierten blieben wir noch eine Nacht auf einem Campingplatz, wo uns ein komplett durchgeknallter Amerikaner nachts am Bootsanleger Aale zeigte und einige Geschichten zum Besten gab. Echt abgefahren! Am ersten Tag der Wanderung war ich gleich ein wenig unleidig, da Jochen unbedingt einen Umweg machen wollte, um eine zugegeben wahrlich schön gelegene Hütte zu erreichen, die wir eventuell sogar für uns alleine hätten haben können. Dazu mussten wir aber wie gesagt einen Umweg laufen und dabei einen Fluss durchwaten, der so kalt war, dass meine Füße kurzzeitig abstarben während ich von Sandfliegen aufgefressen wurde. Die Hütte war dann zwar wirklich hübsch, mit offenem Kamin, aber auch schon von zwei deutschen Mädel belegt. Die waren aber ganz nett und so hatte es sich der Extraaufwand doch gelohnt. Am zweiten Tag trafen wir auf Ian und Kathy, chinesische Neuseeländer, die schon 15 Jahre hier leben, ihre chinesischen Namen angepasst haben, aber trotzdem noch relativ schlecht die Aussprache beherrschen. Sie blieben unsere Wanderpartner für die restlichen Tage. In der zweiten Hütte blieben wir dann auch prompt einen Tag stecken, da das Wetter sehr schlecht war und wir nicht im strömenden Regen und Sturmböen über den Sattel wollten, was zwei kölner Sportstudenten allerdings nicht davon abhielt. So blieben wir mit den Chinesen und einem älteren englischen Ehepaar, pensionierte Uniprofessoren und Marathonläufer, in der Hütte, spielten Karten und Würfel, tranken Tee und bekamen von Ian ungefragt viele Tipps rund um das Thema Wandern. Was er überhaupt nicht fassen konnte war unser schweres Gepäck, da wir Wurst, Käse, Brot und sogar Äpfel dabei hatten. Er wurde nicht müde uns zu erklären, dass wir viel zu viel mitschleppten und uns unbedingt ein Beispiel an ihm nehmen sollten. Sehr lustig war auch, dass er nie beim Würfeln mitspielte, aber neben uns saß und seiner Frau immer vorschrieb, wie sie zu spielen hatte. Mittlerweile sind seine Sprüche schon in unseren aktiven Sprachschatz übergegangen. Beide waren aber wirklich sehr nett und seine Ratschläge auch gut gemeint, aber auf Dauer vor allem für Jochen doch ein wenig anstrengend. Das Warten hatte sich gelohnt, bei strahlendem Wetter überquerten wir am nächsten Tag den Sattel, wo wir ein phantastisches Bergpanorama hatten und wir uns schworen, dass ab jetzt nur noch alpin gewandert wird. Außerdem zeigte sich, dass wir trotz oder gerade vielleicht wegen Brot und Äpfeln noch einigermaßen fit sind , da wir viel schneller als die anderen waren und so einen schönen einsamen Mittag an der Hütte hatten und uns sogar im eiskalten Fluss waschen konnten – komplett! Da sowohl die Chinesen und die Engländer eine andere Route einschlugen, dachten wir schon, dass wir die letzte Hütte ganz für uns alleine hätten, da bis zum Einbruch der Dunkelheit keine weiteren Menschen ankamen. Dann allerdings schneite doch noch ein Amerikaner, endlich einmal in unserem Alter, herein, der ausgesprochen nett war und mit dem wir einen extrem entspannten Abend hatten. Beim Rauslaufen trafen wir noch zwei ältere gut gelaunte Herren, die vom Club der Freunde und Förderer dieser Gegend waren und die Oppossumfallen überprüften und uns einiges über die Problematik in Neuseeland mit den ganzen eingeschleppten Tieren und Pflanzen erzählten. Wir spendeten dann auch brav ein paar Kröten für ihre Arbeit und unser Karma. Abschließendes Fazit der ersten Hüttentour: extrem positiv ist die Tatsache, dass man immer ein Dach über dem Kopf und eine Matratze darunter hat und kein Zelt mitschleppen muss. Außerdem trifft man eigentlich immer nette und interessante Menschen und wenn man die populären Routen umgeht, ist man meistens nur zu viert oder manchmal sogar ganz alleine. Fast immer haben die Hütten einen Ofen und manchmal sogar Kerzen, was sie sehr gemütlich macht und man kann nasse Klamotten und Schuhe super trocknen. Negativ ist, dass die Klos immer meilenweit entfernt sind und ich nachts jedes Mal zu Tode erschrecke, wenn mich ein Opossum mit seinen roten Augen aus einem Baum heraus anstarrt. Die Matratzen sind der Hygiene wegen aus Gummi, aber da sie nicht geputzt und auch nicht immer zum Trocknen aufgestellt werden, lässt diese manchmal zu wünschen übrig und auch auf das Gefühl morgens mit der Backe an der Matratze klebend aufzuwachen ist eher unschön. Jammern auf extrem hohem Niveau, oder?


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Montag, 21. März 2011

Tübingen gibt’s auch in Neuseeland: Golden Bay (22.1. – 26.1.)

Von Maor hatten wir einen heißen Tipp bekommen, eine indisch angehauchte Backpackerabsteige in der Golden Bay, die ihm so gut gefallen hatte, dass er gleich eine ganze Woche geblieben war. Dass man dort auch Yoga machen konnte, überzeugte mich und so steuerten wir das Shambala an. Es war tatsächlich asiatisch angehaucht, es gab eine große Buddha Statue und ein Teehaus im Garten und das beste war das Meditationshaus, das sogar von einem tibetischen Mönch gesegnet worden war. Allerdings fanden wir weder die deutschen Gäste noch den Besitzer sonderlich nett, so dass wir keine Sozialkontakte anstrebten. Glücklicherweise waren wir aber an dem Tag angekommen, an dem PJ die Yoga Session halten sollte und allein dafür hat sich der Aufenthalt dort gelohnt. Er war ein Prototyp von einem Yogi: Ende 40, klapperdürr, Zottelbart und Zottelrastas und machte sensationelles Yoga. Nach drei Stunden und einigen Übungen, die ich nicht im Ansatz hinbekommen habe, kam ich glücklich und entspannt zum Bus zurück. Das hat mich darin bestärkt, mich daheim wieder sehr viel mehr dem Yoga zu widmen und ich hoffe, ich denke daran, wenn ich wieder im Alltagstrott und Stress bin. Am nächsten Morgen wollten wir eigentlich schon weiter in Richtung Farewell Spit, aber eine nette Mitarbeiterin des Guesthouses berichtete uns, dass quasi alle zu einem Peace Festival nach Wanaka gehen. Nach langem Hin- und Her, da es ein ganzes Stück zu fahren war, entschlossen wir uns, der Sache eine Chance zu geben. Vom Publikum her hätte das Festival auch in der Wagenburg stattfinden können, lauter Menschen mit Rastas und in Hippikleidung gewandet jonglierten, kifften oder trugen eines ihrer zahlreichen Babys spazieren. Meine Favoriten waren ein älteres Pärchen, er in weißer Felljacke und Sonnenbrille bei mittlerweile Dauerregen, sie mit Engelsflügeln und Zauberstab, die beide alleine vor der Bühne abspackten. Man kann sie auf dem Foto ganz klein erkennen. Das Essen war in erster Linie vegan, aber es gab auch Würstchen, allerdings kein Bier und Real Fruit Icecream, das ist Eis aus einer Softeismaschine, aber mit richtigen Früchten drin- ein Traum! Die Musik war gemischt, von recht gut bis ganz schlecht, so ähnlich wie beim Räte Open Air früher. Da es aber irgendwann echt kalt und ungemütlich war, harrten wir nicht bis zum Schluss aus und verpassten so leider den Headliner. Am nächsten Tag wanderten wir dann in strahlendem Sonnenschein am Farewell Split herum. Hier stranden oft Wale, was ja prinzipiell für die Tiere selbst eher schlecht ist, aber ich hätte schon auch gern einmal einem gestrandeten Wal wieder ins offene Meer geholfen. Dieser Landzipfel ist eine einzige riesige Sanddüne, quasi Sahara, in der wir uns fast verlaufen hätten. Auf dem Weg nach draußen stoppten wir extra für ein Konzert im berühmten Mussel Inn, hier spielte einer der besseren Acts des Festivals mit Namen Hannah Howes und mein Yogalehrer war auch da. Der einzige größere Ort in der Golden Bay ist Takaka, ein Ort, an dem es von Reformhäusern unter deutscher Leitung, deutschen Backstuben und Esoläden nur so wimmelt, fast wie daheim. Also kauften wir uns dort bevor wir diesen Landstrich verließen ein Sauerteigbrot und eine Zimtschnecke und schwelgten in Erinnerungen an Deutschland.

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Dienstag, 8. März 2011

Der erste große Tramp: Abel Tasman Nationalpark II (13.1.-21.1.)

Obwohl ich nach dem Kampf gegen die Wellen froh war, wieder auf festem Boden zu sein, vermisste ich unser Bootchen beim Losmarschieren dann doch ein bisschen. Aber so ein Great Walk hat zum Beispiel den Vorteil, dass es leckere Pizza auf dem Weg zu kaufen gibt und so waren wir doch auch zu Fuß bester Dinge. Der Weg ist nun wirklich wunderschön, nach kurzen Strecken durch den Busch kommt man immer wieder an eine Bucht, in der man baden könnte, wenn das Wetter schön wäre, dem war in unserem Fall leider nicht so . Aber bei Sturm sieht die Küste noch spektakulärer aus und die Tage waren wir ja einige Male schwimmen. Wir mussten sogar den Gezeitenkalender studieren, denn manche Stellen kann man nur passieren, wenn Ebbe ist- sehr abwechslungsreich die ganze Geschichte. Allerdings zog sich der Weg dann doch sehr und wir kamen brotfertig am Zeltplatz an, wo wir pünktlich zum Regen mit Essen fertig waren. Leider war das Wetter am nächsten Morgen noch schlechter und auch das Ausharren im Zelt brachte nichts, irgendwann bauten wir im strömenden Regen das Zelt ab und marschierten los. Unser Plan sah vor, den restlichen Küstenweg und dann im Inland mit zwei Hüttenübernachtungen zurück zu unserem Ausgangspunkt zu laufen. Allerdings war der Regen so stark, dass wir bei der nächsten Hütte stoppten und dort von Maor, der ebenfalls dort Asyl gesucht hatte, zum Bleiben überredet wurden. Die Hütte war so gemütlich, es brannte ein Feuer im Kamin und die beiden anderen Leute, Peter aus Australien und Yasmin aus Buenos Aires waren super nett, so fiel es uns nicht schwer, unseren Plan zu ändern und zu bleiben. Wir hängten unsere klatschnassen Sachen auf und verbrachten den Nachmittag mit essen und reden. Maor ist eine Besonderheit, denn er ist ein allein reisender Israeli, der in Neuseeland das Käsereihandwerk erlernen will. Eine sehr gute Idee, wie ich finde, denn obwohl sie hier abertausende Kühe haben, sind die Kiwis nicht in der Lage, guten Käse zu machen. Hauptsächlich gibt es Cheddar in jeglichen Variationen und Gouda und Edamer. Peter ist ein katholischer Priester um die 60 aus Auckland, der „Schwerter zu Pflugscharen Aktivist“ ist und schon mal angeklagt war, weil er in eine amerikanische Militärbasis eingebrochen ist und einen Sender zerstört hat. Er wurde dann auch tatsächlich freigesprochen, da er die Richter von seiner Überzeugung überzeugen konnte, Menschenleben gerettet zu haben. Der Zivilprozess läuft noch. Yasmin studiert Literatur und findet „Tausend Jahre Einsamkeit“ genau so langweilig wie ich und arbeitet nebenher in den Slums von Buenos Aires. Es gab also einiges zu erzählen. Leider wurde die Hütte gegen Abend dann doch noch voll, so dass Jochen und ich uns ein Bett teilten. Leider trennten sich unsere Wege schon wieder am nächsten Tag, nur Maor lief noch ein Stück mit uns den Inland Treck und wir verabredeten uns Mitte April in Katmandu. Die Inlandroute ist im Gegensatz zum Coastal Walk quasi menschenleer , da er hauptsächlich durch Wald führt und ziemlich anstrengend ist (immer rauf und runter, kein richtiger Weg und hauptsächlich über glitschige Wurzeln). Wir freuten uns schon auf leere Hütten aber hier in Neuseeland ist immer irgendwer irgendwo und so teilten wir die Hütte mit zwei Jungs aus Freudenstadt, ehemaligen Schülern von Casi. Die Welt ist manchmal so winzig. Mit den beiden war es dann auch ganz nett, aber nicht so wie in der Hütte und so verbrachten wir unsere gemeinsamen Abende hauptsächlich mit Würfel- und Kartenspiel, was ja auch mal angenehm ist. Der Inlandtreck war dann auch wie in der Beschreibung charakterisiert recht anstrengend und nach acht Tagen unterwegs unter der heißen Dusche auf dem Campingplatz merkte ich mal wieder, in was für einem Luxus wir zu Hause eigentlich leben.

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Der erste große Tramp: Abel Tasman Nationalpark I (13.1.-21.1.)

Unsere erste große Wanderung war gleichzeitig auch ein sogenannter Great Walk, was bedeutet, dass er sehr schön, gut ausgebaut, extrem beliebt und deswegen auch sehr überlaufen ist. Nichts desto trotz wollten wir unbedingt diese Tour machen, vor allem weil man hier auch einen Teil der Strecke mit dem Kajak zurück legen kann. Weil diese Wanderung so beliebt ist, muss man sogar seinen Zeltplatz vorbestellen, alles natürlich online. Der bekiffte Typ vom Kajakverleih versicherte uns, dass man heaps, also Unmengen in das Boot packen kann, was leider nicht der Wahrheit entsprach. Und so standen wir am nächsten Tag etwas hilflos mit Bergen von Essen, Schnorchelausrüstung, Büchern, Klamotten und sonstigen Dingen vor einem viel zu kleinen Kajak und schafften es erst nach zweimaligem Aus- und wieder Einpacken alles zu verstauen. Nach einer sehr kurzen Einführung wurden wir für die nächsten drei Tage alleine in die Tasmansee entlassen. Aber mit Jochen hatte ich einen kundigen Steuermann hinter mir, das Wetter war gut und die See ruhig. Trotzdem merkte ich relativ schnell, dass man beim Paddeln Muskeln benötigt, von denen ich nicht mal wusste, dass ich sie überhaupt besitze. Deshalb rasteten wir auch relativ bald, auch weil ich dringend aufs Klo musste, welches sich in Ermangelung anderer Optionen im Meer befand, das affenkalt war. Zur Orientierung hatten wir eine Karte bekommen, die so genau war, dass wir an der Bucht mit unserem vorbestellen Campingplatz gleich mal vorbei paddelten und dies erst eine Bucht weiter an Land bemerkten. Am richtigen Ort angekommen, hatten wir das Problem, dass wir unser heillos überladenes Boot nicht an den Kajakaufbewahrungsort schleppen konnten. Wir mussten erst alles ausladen, was angesichts der Essensmengen fast ein bisschen peinlich war, aber die Passanten wussten ja nicht, dass wir acht Tage unterwegs sein würden. Der Platz war mega voll und entsprechend schwierig gestaltete sich das Einschlafen, da sich die Jungs neben uns erst mal zwei Stunden lang anschrien, was in Israel Unterhaltung genannt wird um danach wahnsinnig laut zu schnarchen. Als Entschädigung konnte ich dafür einen sensationellen Sternenhimmel bewundern. Am nächsten Morgen wurde ich um 6.3o Uhr von der amerikanischen Girlywandertruppe geweckt, die warum auch immer nicht wie normale Jugendliche mit Restalkohol im Zelt lagen, sondern statt dessen fröhlich und lautstark ihre Zelte zusammen packten. Die Paddeloption war wirklich eine super Idee, denn auf dem Wasser war nicht viel los und unser zweiter Zeltplatz auch nur von dort aus erreichbar. Da es am zweiten Tag schon richtig gut lief, was sowohl das Paddeln als auch das Boot beladen betraf, hatten wir noch viel Zeit um am Strand zu liegen und trotz Eiseskälte auch zu schnorcheln. Leider wurde ich von fiesen Quallen angegriffen, so dass ich fluchtartig das Wasser verließ und auch nicht mehr rein ging. Ich bin voll erschrocken, weil ich die Quallen gar nicht gesehen hatte und es auf einmal an der Hand und am Arm saumäßig weh tat. Als die Flut kam paddelten wir in eine andere Bucht, wo wir in eine Art Lagune fahren konnten, wo das Meer und ein Fluss bei Flut aufeinander treffen. Wir waren ganz alleine und es war so still und friedlich, eine wunderschöne Stimmung. Weil wir so lange gewartet hatten, konnten wir dann ganz elegant bis an den Zeltplatz paddeln und mussten unser Zeug kaum schleppen. Am nächsten Tag, der leider auch unser letzer mit Kajak war, machte uns dann der Wind einen Strich durch die Rechnung. Vom Strand aus sah das Meer super ruhig aus, aber im Wasser selbst, kamen wir kaum vorwärts und nach ein paar Sekunden war ich schon klitschnass von den Wellen. Eigentlich wollten wir noch um eine Insel paddeln auf der es Seehunde gegeben hätte, aber ich war heilfroh, dass wir unser Boot in die nächste Bucht brachten, wo es dann abgeholt wurde. Ich hatte zwischenzeitig richtig Angst, dass wir es nicht schaffen würden, weil ich das Gefühl hatte, dass wir uns nur auf der Stelle bewegten. Aber mit meinem Zähltrick, den ich auch beim Wandern anwende, wenn ich nicht mehr kann, schaffte ich es dann doch. Ab jetzt hieß es also wieder Wanden, aber erst mal nur ein kleines Stück zurück zu unserem Campingplatz. Dort saßen wir abends mit zwei älteren neuseeländischen Lehren zusammen, die schon in einigen asiatischen Ländern unterrichtet hatten, was sehr interessant war. Auf dem Weg zum Klo entdeckte Jochen auf einem Baum das erste Opossum, ein eingeschlepptes Tier, das die Kiwis hassen und auszurotten versuchen, weil es die einheimischen Vögel auffrisst. Ich finde, es sieht trotzdem sehr süß aus und kann ja auch nichts dafür, dass es irgendein depperter Mensch hier her gebracht hat. Mit dieser Meinung habe ich bei den Einheimischen hier einen schweren Stand.

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Petri Heil im Queen Charlotte Sound (9.1.-12.1.)

Mir war nach der Fahrt immer noch so schlecht, dass mir nicht mal mein Strawberry-Creamcheese-Muffin geschmeckt hat- und das will was heißen. Also Muffins backen, das können die Neuseeländer, warum sie allerdings so große Probleme mit Brot haben, ist mir ein Rätsel. Egal was sie machen, die Konsistenz ist immer toastbrotartig. Ansonsten sind die Supermärkte riesengroß, was sowohl die Auswahl, also auch die Verpackungsgrößen und auch die Grundfläche betrifft. Das ist nach Südamerika ein kleiner Schock, wo es ja nur diese kleinen Minibuden gab. Jochen gefällt es ausgesprochen gut, aber ich steh immer ein bisschen verzweifelt vor den 20 Sorten Müsli, bin total überfordert und kann mich nicht entscheiden. Beim Einkaufen zeigt sich der Nationalstolz der Kiwis auch sehr deutlich. Ein Laden, bezeichnenderweise mit dem Namen New World, macht Werbung damit, dass er zu 100% Neuseeländern gehört und auch der ganze Profit im Lande bleibt. Auf allen Produkten steht „proud to be made in New Zealand“ und immer eine Geschichte des Produzenten, z.B. die Geschichte von Charlie, der Säfte macht und jede Orange eigenhändig begutachtet, die schlechten aussortiert und in seiner kleinen Presse hinterm Haus für uns „honestly“ die Früchte ausquetscht. Ich bin froh, dass bei uns zu Hause nicht auf dem Brot steht, dass es stolz ist, aus Deutschland zu stammen. Unsere neue neuseeländische Thermoskanne ist aber trotzdem nicht dicht und ich bin mir sicher, dass sie aus China stammt. Jedenfalls hatten wir den Van mit Lebensmitteln vollgestopft und auf einem winzig kleinen DOC Campingplatz im Queen Charlotte Sound Station gemacht. Außer uns waren dort nur noch Toni und Nicki aus der Nähe von Christchurch mit ihrem Hund Edward. Die Sonne schien, wir konnten baden und Jochen fing endlich seinen ersten Fisch. Dies passierte in der ersten Minute der drei Tage, die wir dort verbrachten und es folgte leider kein weiterer. Der Fisch schmeckte aber auf jeden Fall sensationell und sah auch richtig gut aus- am Haken und gegrillt. Jochen war überglücklich und sehr stolz- zu recht. Hier machten wir auch unsere erste Bekanntschaft mit den Wekas, lustige und sehr neugierige Vögel, die nicht fliegen können und alles fressen und klauen, was sie in den Schnabel bekommen. In unserem Fall tranken sie Spülwasser, fraßen die Asche aus dem Grill, plünderten die Mülltüte und stahlen einen Schwamm. Am lustigsten sehen sie aus, wenn sie wegrennen, aber leider sind sie sehr schnell, so dass man auf dem Bild nur noch das Hinterteil sehen kann. Ich liebe diese Tiere und könnte mich über sie schlapp lachen. Eine Spezialität hier auf dem Nordzipfel der Inseln sind Grünlippenmuscheln, die man einfach im Meer von den Steinen wegschneiden darf. Toni brachte von einer Kajaktour eine ganze Ladung mit und so hatten wir statt Fisch eben Muscheln. Sie sind viel größer als Miesmuscheln und sehen deshalb auch ein bisschen fieser aus, schmecken aber ähnlich gut.

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Dienstag, 22. Februar 2011

Earthquake in Christchurch

Um diejenigen, die sich Sorgen machen zu beruhigen: wir sind zwar auf der Suedinsel, aber nicht in Christchurch und deshalb gesund und munter. Allerdings haben wir das Beben ganz leicht in unserem Bus gespuert. Ganz schoen unheimlich und schrecklich. Wir gehen jetzt erst mal fuer ein paar Tage wandern. Liebe Gruesse Beate und Jochen

Sonntag, 20. Februar 2011

An der Ostküste entlang in Richtung Wellington (1.1.2011- 9.1.2011)

Unglücklicherweise kommt hier in Neuseeland zum Jahreswechsel dazu, dass nicht nur ganz Deutschland seinen Urlaub hier verbringt, sondern auch noch alle Kiwis, denn die haben jetzt Sommerferien und verbringen diese - wohl auch ein wenig notgedrungen - gerne im eigenen Land. Dementsprechend voll waren alle Campingplätze, die wir in Richtung Coromandelhalbinsel ansteuerten. Nach einer kleinen Irrfahrt kehrten wir zu einer Parkbucht am Meer mit Picknicktischen und Toilettenhaus zurück, die wir schon Stunden zuvor passiert hatten. Es war zum Glück schon recht spät, so dass wir gar nicht mehr so lange auf unseren ersten Jahreswechsel auf der Südhalbkugel warten mussten. Das war auch gut so, denn wir waren hundemüde. Netterweise hatte Racing Ray Jacky O mit Sekt und Plastiksektgläsern ausgestattet, so dass wir um 12 stilvoll anstoßen konnten. Jochen hatte sogar noch ein Geburtstagsbaguette gebacken und ich bekam auch noch ein Geschenk, eine Made in India Hose von dem teuren Markt in Santiago de Chile. Sehr süß, oder? Das Brillantfeuerwerk hielt sich in Grenzen, ich zählte ganze drei Raketen! Am nächsten Morgen überraschte mich Jochen mit einem Sekt-Pancake-Frühstück, was von vorbeilaufenden Anwohnern lautstark bewundert wurde. Fast das schönste Geschenk war aber, dass mir die Anke um 0.30 deutsche Zeit gratulierte und Ernesto auf der Mailbox war. Vielen Dank noch mal, ich hab mich sehr gefreut! Ganz oben auf Jochens Agende stand der Kauf einer Angel, da er ja seit unserem Norwegenurlaub diese Sportart für sich entdeckt hat. In Opotiki, einer typisch neuseeländischen Ortschaft, von denen wir noch hunderttausende sehen würden, wurde er fündig. Das obligatorische Angel- und Jagdgeschäft teilt sich die eine Seite der Hauptstraße mit dem Tante Emma Laden, dem Fish&Chips Shop und der Wäscherei. Auf der anderen Seite gibt es eine Touristinfo, die Bücherei und manchmal ein Buchladen (Reihenfolge nicht vorgegeben, Angebot ist erweiterbar). Außerdem erstand er- Optimist wie er ist- eine Lizenz fürs Forellenangeln, was sehr löblich ist, denn ich glaube, dass hier kein Mensch diese Lizenzen kontrolliert. In Neuseeland kann man komischerweise keine Forellen kaufen oder sie in einem Restaurant bestellen, man muss sie eigenhändig aus dem Wasser ziehen und ihnen das Leben nehmen. Für alle anderen Fischarten gilt es genau umgekehrt. Um zu unserem anvisierten Campingplatz zu gelangen, musste man erst einige Kilometer auf einer Holperstraße zurücklegen und drei Bäche durchqueren. Die Campingsituation ist hier super, denn neben den teuren und meist auch eher hässlich gelegenen und unschönen Holiday Parks, die jedoch den Vorteil haben, dass es Duschen, Wasserklos und Strom gibt, existieren hier noch sogenannte DOC (Department of Conservation) Campingplätze, die eher basic sind (Plumpsklo, das bei großem Andrang sehr schnell sehr eklig wird, Wasser, aber nicht immer trinkbar und manchmal ein kleiner Unterstand), wenig kosten und fast immer richtig schön liegen. Die Bezahlung funktioniert so, dass man das Geld in eine Art Briefkasten steckt und anscheinend kommt manchmal ein DOC Mensch vorbei, aber ich hab erst einen gesehen. Diese Vertrauensprinzip scheint also zu funktionieren; auch wir bezahlen immer brav und ordentlich. Aber selbst dieser abgelegene Platz war bevölkert, zum Beispiel von einer Gruppe jugendlicher Kiwis aus dem nächstgelegenen Ort, die es sich mit Elektromucke unter ihrem Partypavillon gemütlich gemacht hatten und den ganzen Tag aßen und Bier tranken. Gleich am ersten Abend bekamen wir dann auch einen Antrittsbesuch: ein sehr betrunkener Kiwi kam mit einem kleinen Willkommensgeschenk in Form eines - Überraschung - Bieres zu uns in den Bus und versuchte sich mit uns zu unterhalten. Nach einer eher kurzen Konversation verschwand er abrupt und ohne Abschied, was ihm am nächsten Tag offensichtlich etwas peinlich war, denn er blieb die restliche gemeinsame Zeit die wir dort verbrachten eher reserviert. Jochen hatte von dem Angelverkäufer Tipps für gute Fischgründe bekommen und so fuhren wir durch die Waioeka Gorge an die Ostküste, was laut Reiseführer eine der landschaftlich reizvollsten Strecken Neuseelands sein soll, was sie auch ist. Wir stoppten an verschiedenen Anglerzustiegen, an denen Jochen leider erfolglos sein Glück versuchte, badeten in einem eiskalten Nebenflüsschen, trafen einen Kiwi, der nur mit Hilfe seiner Hunde und einem Messer auf Opposum- und Schweinejagd geht, und verbrachten den Abend mit einem älteren neuseeländischen Pärchen, das Aale fangen wollte und uns gleich in ihr Haus einlud und das Hausschlüsselversteck preisgab, im Falle, dass sie bei unserem Besuch nicht da sein sollten. Unglaublich, oder? Unser nächstes Ziel war Mahia Beach, was uns die beiden Kiwis ans Herz gelegt hatten. Bevor wir Wellington erreichten, machten wir noch in Napier halt, das weltberühmt für seine Art Deco Architektur ist, was wir ohne Frage besichtigen wollten. Die Fotos sprechen für sich- eine Meisterleistung der Baukunst. Neben dieser Attraktion besitzt Napier auch noch das tollste Aquarium Neuseelands, was bedeutet, dass alle anderen im Land auf gar keinen Fall einen Besuch wert sind, aber immerhin gab es einen Haitunnel und ein Kiwihaus. Ich bin ein sehr großer Fan dieser possierlichen Tierchen und froh, dass ich wenigstens eines in Gefangenschaft gesehen habe. Trotz unglaublich vieler Kiwihinweisschilder, habe ich bis heute noch keinen gesehen und glaube auch nicht, dass das noch passieren wird, denn in jeder DOC-Info, die es in jeder Milchkanne gibt, steht ein ausgestopftes Exemplar. In Wellington war Kultur in Form des Museum of New Zealand (Te Papa) angesagt. Allerdings kam ich schon vor dem Besuch mit einer mir bis dahin fremden Eigenschaft der Neuseeländer in Kontakt. Beim Freihalten einer Parkbucht (allerhöchsten ein paar Sekunden) konnte ich entdecken, dass die Kiwis doch nicht alle nett und entspannt sind. Ein sehr echauffierter Mann, der ebenfalls dort parken wollte herrschte mich an, was mir einfallen würde, als Ausländer in sein Land zu kommen und ihm, einem Einheimischen, den Parkplatz wegzunehmen. Ich war ziemlich perplex, versuchte erst, ihm die Sachlage zu erklären, aber da er immer lauter wurde, überließ ich ihm den Platz. Komischerweise wollte er ihn dann aber doch nicht mehr, ich glaube, seiner Frau waren seine ausländerfeindlichen Tiraden wohl ein bisschen peinlich gewesen. Und dabei war er nicht mal ein Maori, sonder sah eher wie ein zugewanderter Käskopp aus, was ich ihm aber leider gar nicht gesagt habe. Ich brauchte erst mal eine ganze Weile um mich von diesem Schock zu erholen. Das Museum war riesengroß und erschlug uns fast mit all den Informationen, vor allem weil wir dieses Mal auf meinen geliebten Audioguide verzichtet hatten. Deshalb mussten wir einen kleinen Stadtbummel und Fish&Chips Stop einlegen. Die schmecken hier genauso wie in England, viel Fett und viel Panade. Zu meiner riesengroßen Freude entdeckte ich ein Plakat, das ein Konzert der John Spencer Blues Explosion hier in Wellington ankündigte, das zu meinem Schrecken aber an diesem Tag- unserem Abreisetag- stattfinden würde. Wir hatten leider schon unser Fährticket und so hat die Blues Explosion ohne uns stattgefunden- what a shame. In Südamerika hatte ich immer bei jeder Gelegenheit in den Sternenhimmel gestarrt um das Kreuz des Südens zu finden. Da ich jedoch immer mehrere in Frage kommende Sternbilder gefunden hatte, nahmen wir die Gelegenheit wahr und besichtigten das Planetarium. Obwohl eigentlich ausverkauft, ergatterten wir noch einen Platz in der ersten Reihe und ließen uns mit etwas Genickstarre den südlichen Sternenhimmel erklären. Seither finde ich auf Anhieb das Kreuz des Südens und ein Sternbild, das sie hier Kochtopf nennen, das aber eigentlich der Orion ist, nur halt auf dem Kopf, alles andere habe ich leider schon wieder vergessen. Vielleicht lag es daran, dass ich die Fährüberfahrt über meine Kotztüte gebeugt verbrachte. Da sich Seekrankheit genauso anfühlt wie der Morgen nach einer durchzechten Nacht glaube ich, dass eventuell auch dabei Hirnregionen in Mitleidenschaft gezogen werden. Jedenfalls kam ich, auch wenn ich dann doch nicht spucken musste, sichtlich mitgenommen auf der Südinsel an.

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Shoppingalarm in Auckland (25.12.-31.12.)

Dieses Mal dauerte der Flug so lange und wir überquerten auch noch die Datumsgrenze, dass wir Weihnachten übersprangen und am 26.12. in Auckland landeten. Entgegen meiner Hoffnung war überhaupt niemand der Flugzeugbediensteten oder gar der Kapitän als Nikolaus verkleidet und auch ein Weihnachtsmenü suchte ich vergeblich auf der nicht vorhandenen Speisekarte. Dafür bestellte ich zum ersten Mal in meinem Leben Wein im Flugzeug. Normalerweise trinke ich ja gar keinen Alkohol (im Falle eines meiner Meinung nach ziemlich wahrscheinlichen Absturzes sollte man meiner Ansicht nach nicht besoffen sein und außerdem darf man auch die Thrombosegefahr bei Langstreckenflügen nicht unterschätzen – der Hypochonder spricht), oder höchstens Bier, aber zur Feier des Tages gönnte ich mir einen ausgezeichneten Rotwein, der fast das Gesöff in Punta Arenas übertraf. Schon auf dem Flughafenklo in Auckland wurde mir klar, dass wir einen anderen Kontinent erreicht hatten, denn nirgendwo hing ein Schild, dass einen darauf hingewiesen hätte, dass das Klopapier nicht in das Klo, sondern in das bereitgestellte Behältnis gehört. Ich weiß nicht, ob ich schon erwähnt habe, dass ich diese südamerikanisch-asiatische Eigenart, die wohl aus dem nichtvorhandenen Wasserdruck resultiert, ausgesprochen sinnvoll finde, auch wenn sie auf den ersten Blick eklig erscheint. Bei regelmäßiger Leerung, was in den Ländern, in denen dieses System eingeführt ist, natürlich meistens nicht der Fall ist, macht das doch Sinn. Auch etwas, dass man durchaus bei uns einführen könnte. Jedenfalls machten wir dieses Mal beim Entern des Landes alles richtig, unsere Campingausrüstung, die Muscheln, und die Restnahrungsmittel, die Jochen partout nicht wegwerfen wollte, wurden biogescannt und für nicht gefährlich erklärt- also keine 200 Dollar Strafe wie das letzte Mal. Da wir noch auf das Mietauto warten mussten, konnten wir den Flughafen in aller Ruhe und Ausführlichkeit besichtigen: die Cafés sind super amerikanisch, dafür gibt es leckere Muffins und bei Mac Donalds haben sie hier ein Kiwifrühstück. Beim Frühstück um 7 Uhr kamen wir auch gleich in den Genuss der freundlichen Neuseeländer, die auch schon um diese Uhrzeit ausgesprochen fidel Smalltalk betreiben können. Mit dem Mietwagen kutschierte Jochen uns dann in unser Hotel in der Innenstadt. Ein Glück, dass um diese Uhrzeit noch nicht viel los war auf den Straßen, ist schon ein Scheiß, wenn alles falsch rum ist. Das Hotel sah im Internet hipper aus als es in Wirklichkeit war, aber es lag günstig, war billig und barg noch eine Überraschung. Ich konnte es kaum glauben, als ich beim Kaffee holen den Reiserausch traf, eine Bekanntschaft aus Bolivien, die mich zu meiner großen Enttäuschung allerdings nicht mehr wirklich einordnen konnte. So unbedeutend bin ich und so klein ist die Welt oder so ähnlich sind die Geschmäcker der Deutschen, was die Unterkunftwahl betrifft. Endlich wieder in einer „normalen“ Stadt konnte ich auch wieder „normal“ einkaufen. Da mein Bikinioberteil in irgendeiner Lavanderia liegen geblieben war, stand diese schwierige Kaufentscheidung an erster Stelle. Ich hasse Bikinis kaufen, wurde aber nach langem Hin- und Her, wenn auch nicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis, fündig! Viel angenehmer und von mir schon lange ersehnt war der Kauf einer Jeanshose- endlich nicht mehr in der doofen Treckinghose rumlaufen und von 100 km Entfernung schon als deutscher Tourist erkannt werden! Da in NZ Boxingdays waren, das sind die Tage nach Weihnachten, in denen alle in die Läden rennen und ihre Geschenke umtauschen, gab es auch richtig gute Deals und das beste war, dass der Laden, in dem ich einkaufte, eine Butcamera hatte- Wahnsinn! Warum gibt’s das bei uns nicht??? Das wäre beim Bikini kaufen auch sinnvoll gewesen, dann hätte ich nicht auf Jochens Anraten die im Nachhinein besehen viel zu kleine Hose gekauft. Whatever- sie geht sowieso wieder irgendwo verloren. Sehr viel schwieriger war der Kauf eines Reiseführers, da alle Lonely Planets ausverkauft waren- Hochsaison eben. Zum Glück fanden wir in einem Backpacker eine zwar veraltete, dafür aber deutsche Ausgabe. An einem der Abende trafen wir uns mit Craig, einem Freund von Rica. Ein sehr nettes Treffen, das fast an meinem schlechten Englisch oder dem der Neuseeländer gescheitert wäre (K Road und Quai Street hört sich hier halt auch gleich an). Die weiteren Tage standen ganz im Zeichen der Suche nach einem Bus. Es gibt hier extra einen Backpackerautomarkt , eine große Garage, in der Autos und Busse ihre Besitzer ziemlich unkompliziert wechseln können. Allerdings gab es dort komischerweise nicht das, was wir suchten: einen Bus, in dem man stehen kann, der einen Kühlschrank, einen Herd und eine Spüle besitzt und ich persönlich hätte auch noch gern ein Automatikgetriebe gehabt, das ganze selbstverständlich zu einem Spottpreis. Eine weitere Möglichkeit an ein Auto zu kommen, sind die Schwarzen Bretter in den Backpackerhostels und das neuseeländische Pendant zu Ebay „Trade Me“. Nach einigen Fehlversuchen (schlechte Gangschaltung, kriminell oder zumindest schmierig wirkende Händler, unpassende oder schlechte Fahrzeuge und überhöhte Preise) kamen wir – große Überraschung angesichts Jochens Kaufverhalten- über Trade Me mit Racing Ray in Kontakt. Ein sehr gesprächiger aber auch unterhaltsamer Mensch, der anscheinend erfolgreichste neuseeländische Rennfahrer und dabei dem Tod schon einmal knapp von der Schippe gesprungen ist. Nebenbei hat er eine zweite, sehr viel jüngere Frau inklusive Porsche, zwei süße Nichten, sammelt und restauriert alte Rennautos und vercheckt Campervans. Eine sehr skurile und lustige Person, mit der wir einen vergnüglichen Nachmittag verbrachten und am Ende den Camper dann auch kauften. Jacky O ist ein ehemaliges Mietauto (dieselbe Marke, die wir bei unserem ersten Neuseelandbesuch hatten), entspricht genau unseren Wünschen, besitzt allerdings keine Automatikgangschaltung und hatte auch nicht den gewünschten Preis. Jochen konnte Racing Ray dann mit seinem Charme auf einen OK-Preis und eine gute Rückkaufgarantie herunterhandeln. So konnten wir pünktlich zum Jahreswechsel Auckland in Richtung Coromandel verlassen!

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Dienstag, 8. Februar 2011

Neuseeland

Jetzt habt ihr ja erst mal eine ganze Ladung neuer Berichte auf einen Schlag, da ist es ja nicht schlimm, dass die Berichte aus Neuseeland noch auf sich warten lassen. Wie einige wahrscheinlich schon an unserer Skype- und Mailabsenz erkannt haben, leben wir hier auch internettechnisch mal wirklich am Arsch der Welt und genießen die Zeit in der Natur statt am PC. Auch mal schön. Vielen Dank an dieser Stelle für die vielen, sogar auch besorgten mails, wir sind ganz gerührt. Macht euch mal keine Sorgen, uns gehts gut, schreibt uns weiterhin fleissig, Berichte, Fotos und mails folgen hoffentlich auch bald.
Liebe Grüße von der Sonnenseite
Beate und Jochen

Big City Nights III: Valparaiso und Santiago (22.12.-24.12.)

Mit den Städtetouren war es immer noch nicht vorbei, da wir von Santiago aus nach Auckland fliegen würden. Und weil wir schon so viel von Valparaiso gehört hatten, ließen wir Santiago erst mal links liegen und fuhren gleich vom Flughafen aus weiter in Richtung Meer. Leider klappte unsere versprochene WG Connection überhaupt nicht und so stiegen wir im Hostal Casa Verde Y Limon ab. Wie der Name schon sagt, war alles in grün und gelb angemalt, überall waren Mosaik aus Flaschendeckeln und im Aufenthaltsraum hing ein Trapez- sehr schön! Da wir gar keine andere Wahl hatten, nutzten wir das Gemeinschaftsbad, Duschvorhangzustand gut. Valpo wie der Insider sagt, gefiel mir viel besser als Buenos Aires, denn erstens ist die Stadt kleiner, liegt am Meer und ist auch nicht so schick , und hat zweitens eher so einen verratzten Charme, genau wie ich es mag. Wahrzeichen der Stadt sind die Aufzüge, die ungefähr um die 100 Jahre alt und meiner Meinung nach auch schon so lange nicht mehr gewartet worden sind. Dementsprechend nervös war ich bei der ersten Fahrt, denn es geht doch einigermaßen steil hoch und Jochen erklärte mir auch ganz genau, wie schnell der Wagen werden würde, falls das Stahlseil, das nun wirklich nicht mehr gut in Schuss aussah, reißen würde. Aber alles ging gut und da die Wagen auch von Einheimischen benutzt wurden, war ich beruhigt und nach ein paar Fahrten auch ziemlich routiniert. Außerdem schlenderten wir noch durch unser Viertel, das natürlich auch auf einem der 42 Hügel lag, dessen Namen ich aber leider vergessen habe, kauften Bücher und tranken unsere letzten Pisco Sour. Jedes südamerikanische Land, das wir besucht haben, behauptet von sich, den Pisco erfunden zu haben und in jedem Land wird es als Nationalgetränk angepriesen. Es schmeckt auch überall ein bisschen anders, aber überall sensationell lecker. Und obwohl er manchmal mit Eischnee gemacht wird, was sich eigentlich ziemlich eklig anhört, ist es das nicht und wir sind auch nie krank davon geworden. Mein absoluter Höhepunkt der Stadt war die Besichtigung von Pablo Nerudas Haus. Ich hab mich sofort in seine Bude verliebt, die über den Dächern von Valpo mit Blick aufs Meer thront und mit lauter tollem Krimskrams vollgestellt ist. Das Haus sieht aus wie ein Schiff, fast alle Türen sind aus buntem Glas (will ich auch haben) und es besitzt eine kleine Bar mit Klo, in das man reinschauen kann (will ich nicht haben). Da wir uns Audioguides geliehen hatten, die ich eigentlich nur ganz kurz und auch nur ein bisschen unhygienisch fand, und das auch nur, weil mich Stefan (vielen Dank noch mal) auf den zugegebenermaßen vorhandenen, aber von mir bis zu diesem Zeitpunkt immer übersehenen Ekelfaktor hingewiesen hat, bekamen wir viele interessante Details und Anekdoten aus Pablo Nerudas Leben mit. Die schönste Geschichte fand ich, dass er ein Karussellpferd, das er irgendwo gefunden hatte, extra in seinem runden Raum aufgestellt hat, damit das Pferdchen immer noch das Gefühl hat, auf seinem Karussell zu sein. Ist das nicht süß? An unserem letzten Abend zogen wie noch mal um die Häuser, was in unserem Fall bedeutete, dass wir nach dem Essen noch in eine Kneipe gingen. Ich war überaus angetan von der Tatsache, dass es auch in Valpo und nicht nur in New York einen Blauen Salon gibt, der hier allerdings El Canario heißt. Der größte und eigentlich einzige Unterschied zum Blauen ist, dass man hier überall rauchen darf und es Paulaner (natürlich kein Hefe!) in Literflaschen gibt. An diesem Abend hätte es sogar noch Musik gegeben, aber wir waren leider zu müde, um auf die Band zu warten, die wahrscheinlich gegen 2 Uhr angefangen hätte zu spielen. Valparaiso ist auf jeden Fall eine der coolsten Städte, die wir gesehen haben und ich habe hier mal wieder bereut, dass ich es während des Studiums nicht geschafft habe, meinen Hintern mal ins Ausland zu bewegen. Valpo wäre meine Stadt gewesen.
Leider oder auch glücklicherweise blieb keine Zeit zum Trauern, denn wir mussten ja schon wieder weiter nach Santiago de Chile. Obwohl es uns echt schwer fiel, bei dieser Hitze irgendwie in Weihnachtsstimmung zu kommen (so deutsch sind wie dann doch, dass dazu Schnee oder zumindest etwas kältere Temperaturen dazu gehören), hat das Wetter hier den Vorteil, dass alle Welt auf den Beinen ist. Die Kneipen sind voller Menschen, die mittags um 12 bei 30 Grad Bier in sich rein schütten und Familien sind unterwegs und machen Ausflüge. Wir entschieden uns für die Familienvariante und fuhren mal wieder Bähnchen auf einen Berg mitten in der Stadt, von dem man die Aussicht auf den Moloch Santiago genießen kann. Außerdem war dort eine Krippe aufgebaut, aber da es keine Kirche wie in Flochberg gab, aus der das Christkind rausgefahren kommt, fehlte bei mir ein ganz entscheidender Weihnachtsbestandteil. Von dort oben aus riefen wir auch zu Hause an, um ein Frohes Fest zu wünschen, was dann doch ganz schön komisch war. Irgendwie wären wir an so einem Tag dann doch ganz gerne zu Hause gewesen. Um das Heimweh zu vergessen, trank ich schnell einen Motte (vielen Dank für den Tipp Carola), ein sonderbares Getränk, das leider ohne Alkohol, aber mit irgendwelchen Körnern und einer kleinen orangenen Frucht drin daher kommt. Schmeckt aber auf jeden Fall gar nicht so übel und sieht lustig aus. Danach gingen wir noch zu einem Markt, da ich unbedingt noch tausend Sachen kaufen wollte. Der Markt war auch sehr schön, die Preise allerdings echt gesalzen, und das für Klamotten made in India. Hier konnte man einen Aspekt der Globalisierung sehr schön sehen, denn das Angebot ähnelte dem in Bolivien, Peru und Ecuador, aber auch Nepal und Indien und nicht zuletzt dem, was man in den entsprechenden Läden in Tübingen kaufen kann. Auf dem Flughafen hatten wir und vor allem ich dann noch ein sehr schönes Erlebnis. Als wir an einem Essensstand, Restaurant kann man das auf dem Flughafen ja nicht nennen, vorbeiliefen, schenkte uns der Typ hinterm Tresen eine kleine Flasche Wein und wollte uns sogar noch richtige Weingläser dazu geben, damit wir ein bisschen Weihnachten feiern konnten. Und dann bekam ich noch von Jochen ein Weihnachtsgeschenk, obwohl wir die Abmachung hatten, uns nichts zu schenken, an die ich mich selbstverständlich gehalten habe. Das war also unser erstes Weihnachten fern von daheim und das Ende von unserer Südamerikareise.

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Big City Nights II: Asados in Buenos Aires (19.12.-21.12.)

Nach diesem Übernachtungstrauma stand uns der Sinn nach einem schönen, sauberen, richtigen Hotelzimmer, was wir uns dann auch gönnten. Unser Hotel war so zentral gelegen, dass wir fast alles zu Fuß erledigen konnten. Buenos Aires erschlug uns anfangs etwas, da wir weder die Hitze, zum ersten Mal auf der Reise hatte es ungefähr 40 Grad im Schatten, noch die vielen Menschen gewohnt waren. In den Haupteinkaufsstraßen geht’s zu wie in Tübingen auf dem Weihnachtsmarkt. Wie der fleißige Blogleser weiß, sind unsere Stadtbesichtigungen immer etwas beschränkt und so auch hier in Argentinien. Als erstes schauten wir uns nur das Stadtviertel San Telmo an, ein hübscher Fleck mit vielen Läden und Cafés und hätte ich nicht schon einen vollen Rucksack gehabt, dann hätte ich bestimmt wahnsinnig viele Klamotten und Schallplatten gekauft. So blieb es bei einer Tasche, von denen ich daheim ja auch kaum welche habe, aber diese ist wirklich sehr klein und sehr praktisch, also eigentlich eine nützliche und notwendige Anschaffung. Und auch wenn es furchtbar ungeschickt zum Transportieren ist, erstanden wir noch einige tolle Poster, die nächstes Jahr in unserer Wohnung besichtigt werden können, falls wir sie heil nach Hause bringen. Dann stand selbstverständlich noch Boca auf dem Programm, wobei der Reiseführer einem eine riesen Angst einjagt, so dass wir ganz unlocker waren, was sich aber als völlig unbegründet herausstellte. Ich fand Boca dann auch eher enttäuschend, denn dort „wo es sicher für Touristen ist“ war es so mega touristisch, dass wir ganz schnell wieder verschwanden und uns nur noch das Stadion anschauten. Auf dem Weg dorthin konnte man sich dann doch ein wenig vorstellen, wie das Viertel eigentlich aussieht und am Ende sahen wir sogar noch ein paar Jungs Fußball spielen, wobei ich kein Talent ausmachen konnte. Den Rest der Zeit verbrachten wir Asado essend und Rotwein trinkend in verschiedenen Restaurants. Hier hatte der Reiseführer wahrscheinlich auf jeden Fall recht, die besten Asados in ganz Argentinien gibt’s hier in Buenos Aires und am letzten Abend sahen wir dann endlich auch noch eine Tangovorstellung auf der Straße, was ziemlich gut aussah, mich aber trotzdem etwas enttäuschte, da ich irgendwie dachte, dass praktisch alle Menschen ständig Tango tanzend durch die Straßen schweben. Aber trotz dass meine zugegebenermaßen etwas romantisierte Vorstellung dieser Stadt enttäuscht wurde und wir auch viel zu kurz dort waren, gefiel uns Buenos Aires dann doch ganz gut. Deutlich wurde auch, dass zumindest Jochen quasi ein waschechter Plateno ist, da er den Betrugsversuch des Taxifahrers durchschaute und wir so nur um ein paar Euro und nicht mehr beschissen wurden.

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Big City Nights I: Arabian Dance in Montevideo (18.12.-19.12.)

Da wir uns fest vorgenommen hatten, unseren Worten Taten folgen zu lassen, flogen wir nicht wie ursprünglich geplant nach Buenos Aires, sondern nach Montevideo, um unseren Freund Lucho zu besuchen. Allerdings stellte sich das als gar nicht so einfach heraus, da er erst nicht zu erreichen war und uns dann mitteilte, dass er eigentlich gar keine Zeit für uns hätte. Aber der Flug war schon gebucht und so stiegen wir ins Flugzeug, das dann aber leider nicht abhob. Mit jeder Minute im Flugzeug verkürzte sich unsere sowieso schon knappe Zeit in Uruguay und so sollten wir, als wir endlich in Montevideo auf dem Flughafen ankamen, mit unserem kompletten Gepäck sofort zu einer Adresse fahren, wo Lucho und seine Freundin Vivien bei einem arabischen Tanzabend zugegen waren um Fotos zu machen. Der Taxifahrer kannte die Adresse nicht und musste sich zu diesem Etablissement, das sich als abruchreifes Haus herausstellte, durchfragen. Die Wiedersehensfreude war groß, die Tanzveranstaltung hatte noch nicht begonnen (22 Uhr!), es war heiß und wir hatten Hunger. Geboten wurde eine wilde Mischung, die jedoch mit Enthusiasmus und vor allem großer Ausdauer dargeboten wurde. Es gab indischen Tanz, Bauchtanz (die Betonung lag vor allem auf dem Bauch, aber auch auf der Hüfte), jegliche Art von Ausdruckstanz mit wechselndem Gerät (sehr beliebt waren Plastikschwerter). Ich kam mir vor wie beim Gymnastik-Tanz-Fest an der Uni leider ohne anschließende Party, aber auch wie bei einer Schulveranstaltung, denn auch Kinder waren mit von der Partie, die zu Shakira offensichtlich selbst kreierte Performances zum Besten gaben. Lucho hatte uns zwar schon vorgewarnt (it’s going to be very bizarre), aber nach drei Stunden waren wir wirklich sehr erschöpft und Jochen dem Hungertod nahe. Glücklicherweise konnten wir um 1 Uhr den Ort des Geschehens verlassen und zum Essen gehen. Gleich bei Lucho ums Eck gab es einen Platz mit Asados und riesigen Bieren und es schien auch niemanden zu wundern, dass wir um diese Uhrzeit noch einen Berg Fleisch, Wurst und Innereien bestellten. Mich wunderte das nach dem vorangegangenen kulturellen Ereignis eigentlich auch nicht, und als wir so gegen halb drei gingen, hatte gerade ein Pärchen ebenfalls ein Asado bestellt. Und für uns ist Ausgehen nach 22 Uhr schon ein Riesending! Damit waren die Kuriositäten aber immer noch nicht beendet, denn wir mussten noch in Luchos Wohnung, die eigentlich einem Freund gehörte, für den er eine Art Housekeeping machte. Er hatte uns ebenfalls vorgewarnt (my flat is a mess), und wir sind ja eigentlich einiges gewohnt, aber was wir dort vorfanden, lässt sich mal wieder eigentlich nicht in Worte fassen. Wer Sparis Bude in der Belthlestraße kurz bevor er auszog kannte, hat vielleicht eine kleine Vorstellung, ist aber immer noch meilenweit von dieser Junkiebude entfernt. Ich habe noch nie in meinem Leben eine so vollgemüllte, dreckige und eklige Wohnung gesehen. Im Prinzip war jeder Fleck mit Müll übersät und die Bad-Klo-Kombination eigentlich ein Fall fürs Gesundheitsamt. Der Duschvorhang war nicht verschimmelt, er bestand komplett aus Schimmel und auch Viviens Versuch mit Klostein etwas gegen den Gestank auszurichten war ein Kampf gegen Windmühlen . Glücklicherweise waren wir so fertig, dass wir das Ausmaß der Verwüstung und Vermüllung erst am folgenden Tag so richtig wahrnahmen. Jochen meinte zwar, dass man nach dem Duschen dreckiger sei als vorher, aber ich unterdrückte jegliche Gefühlsregung und stellte mich für ein paar Sekunden unters Wasser. Bilder dieses Ortes existieren, werden aber aus rechtlichen Gründen nicht öffentlich gemacht. Frühstück fiel aus, was ich angesichts der Küche ausgesprochen sinnvoll, Jochen aber problematisch fand, und so gingen wir vor dem Flohmarktbesuch in einer lustigen Eckkneipe frühstücken. Die Kneipe war voller Männer, die lautsark diskutierend Bier tranken und das Frühstück bestand aus fettigen Käse-Schinken-Sandwiches- herrlich. Auf dem Markt gab es allerhand, schrecklich war vor allem die Tierstraße, wo es Hundewelpen (ich hätte beinahe einen gekauft), Fische und viele Vögel in viel zu kleinen Käfigen gab, die ich auch am liebsten alle gekauft und frei gelassen hätte, vor allem die unglaublich traurige und zerfledderte Eule, die in einem der Käfige kauerte. Während Lucho zur Arbeit ging, zeigte uns Vivien ihre Fotoausstellung, die neben anderer moderner Kunst in einem ehemaligen Gefängnis ausgestellt war. In jeder der winzigen Zellen war eine Installation und Kunst in weitester Form untergebracht- echt abgefahren und auch ihre Bilder waren für meine Begriffe ziemlich gut. Da wir noch Zeit hatten, bis es zur Fähre ging, besuchten wir Lucho, der beim Fernsehen arbeitet und der gerade dabei war, eine TV-Show, die abends live und open air stattfinden sollte, vorzubereiten. Das war recht interessant und witzig, da Lucho die Prominenten darstellen sollte, die von der Moderatorin, einem Playmate, überschwänglich begrüßt wurden. Schade, dass der Besuch so kurz war, denn so haben wir von Montevideo und Lucho nicht allzu viel gesehen, aber auf der anderen Seite sind wir von der einen Nacht und der einen Dusche auch nicht krank geworden. Es hat halt alles seine Vor- und Nachteile.

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Der Verlust der Thermoskanne: Calafate, Perito Moreno und El Chalten (13.12.-17.12.)

Die Herbergssuche in Calafate stellte sich als gar nicht so einfach heraus, da wir im Huelmul (oder so ähnlich), einem Tipp eines verrückten Franzosen, kein Doppelzimmer mehr, aber die Amis wenigstens einen Platz im Dorm bekamen. Wir fanden dann aber eine richtig gute Alternative, eine kleine Hütte, in der wir eine Kochgelegenheit, ein Klo und eine Dusche mit zwei anderen Pärchen teilten. Wir nutzen die Küche aber gar nicht, da wir endlich unser erstes Asado zu uns nahmen. Wahnsinn!!! Das schmeckt so lecker, das kann man eigentlich gar nicht in Worte fassen. Selbstverständlich esse ich Fleisch ab jetzt auch nur noch blutig, alles andere geht gar nicht. Außerdem konnten wir hier feststellen, dass wir locker zusammen eine Flasche Rotwein trinken können ohne am nächsten Tag mit Kopfweh aufzuwachen, es muss nur die richtige sein. Netterweise hatten Rafael, George und Nico uns angeboten, uns in ihrem Mietwagen zum Perito Moreno Gletscher mitzunehmen. So waren wir zeitlich flexibel und konnten vor den ganzen anderen Bussen am Gletscher sein und hatten außerdem noch Bespaßung inklusive. Der Gletscher ist wirklich beeindruckend, und auch wenn es bei uns nicht so ein Spektakel wie damals bei Andi uns Susi gab, sind auch schon die kleineren Abbrüche recht spektakulär. Ursprünglich wollte ich unbedingt mit einem Boot an den Gletscher fahren, aber von den Aussichtstribünen aus ist man eigentlich viel näher dran und kann dann, wenn Boote kommen, die Dimension dieses Gletschers viel besser einschätzen. Wie schon erwähnt, waren wir mit Supersportlern, die auch noch zehn Jahre jünger als wir waren, unterwegs und deshalb war die Gletscherbesichtigung selbstverständlich nicht genug und wir starteten noch zu einer kleinen Wanderung. Schon nach einigen Minuten hatten wir die Jungs aus den Augen verloren und so legten wir uns mit Sicht auf den Gletscher ins Gras in die Sonne, tranken Tee aus unserer tollen Thermoskanne und warteten, bis die drei wieder vom Berg kamen. Leider trennten sich hier unsere Wege, da wir noch am gleichen Tag nach El Chalten weiter fuhren, um dort zum Cerro Torre und Fitz Roy zu wandern.
Auf der Fahrt dorthin, hatten wir im Gegensatz zum Torres del Peine riesen Glück, denn es gab freie Sicht auf beide Berge, auch wenn wir das erst bemerkten, als der ganze Bus anfing, wie wild Fotos zu schießen. El Chalten ist der jüngste Ort in Argentinien, existiert nur, weil es die Berge dort gibt und besteht ausschließlich aus Unterkünften und Restaurants. Hier hatten wir auch unsere erste und einzige Nacht in einem Dorm gebucht und teilten unser Zimmer mit einem quasi minderjährigen schweizer Pärchen, deren Reiseführer komplett mit neonfarbigem Textmarker und bunten Post its bestückt war, und einem anderen Menschen, den ich nicht gesehen und nur morgens eine geraume Zeit mit Plastiktüten hantieren hörte. In der Nacht war es auch ein bisschen schwierig, da sich eine israelische Reisegruppe auf dem Gang unterhielt und jeder, der israelische Reisegruppen kennt, weiß, in welcher Lautstärke das vor sich geht. So konnten wir am nächsten Tag ausgeschlafen und fit unsere Wanderung beginnen und kamen in den Genuss der legendären patagonischen Winde- endlich. Einmal wurde ich sogar in eine Hecke geweht und das bei meinem Gewicht! Zwischendurch wollte Jochen auch schon umdrehen, da das Wetter wirklich super schlecht aussah, aber ich zwang ihn zum Weitermarschieren, was aber vor allem daran lag, dass der Weg überhaupt nicht anstrengend war und ich nicht in unser Dorm zurück wollte. Das Wetter war dann auch gar nicht so schlimm, der Zeltplatz schön, aber die Sicht auf den Cerro Torre gleich Null. Dafür hatten wir nette Gesellschaft von einer sehr chaotischen Reisegruppe, bestehend aus einem mittelalten Italiener, einem sehr jungen und einem sehr alten Franzosen. Diese Jungs hatten außer einem Zelt eigentlich nichts dabei, was sie aber gar nicht störte, und uns dazu veranlasste einen Tee mit Rum auszugeben. Leider fehlte uns dazu ein entscheidender Bestandteil, denn wir hatten unsere Thermoskanne im Auto der Amerikaner vergessen! Wandern in Südamerika ohne Thermoskanne ist wie Tauchen auf Galapagos ohne Tauchanzug, aber in Anbetracht dieser Reisegruppe relativierte sich unser Verlust. Zu uns gesellte sich auch noch ein Deutscher, der uns innerhalb der ersten fünf Minuten seinen beruflichen Werdegang aufs Auge drückte, was sich als etwas anstrengend erwies. Jochen meinte dann auch , ich wäre viel zu nett zu solchen Typen und würde sie noch durch Zwischenfragen zum Weitererzählen ermuntern, was vielleicht auch stimmt, aber auf der anderen Seite denke ich mir immer, nett sein kostet ja nichts, und wenn ich alleine unterwegs wäre, wäre ich auch froh über freundliche Leute. Selbstverständlich bin ich davon überzeugt, dass ich nicht zu dieser Kategorie gehöre und alle mich spitze finden, aber man weiß ja nie… Der Weg zum Fitz Roy war eher ein Spaziergang und so hatten wir noch Zeit, einen Ausflug zu einem Gletschersee zu machen. Da wir keine Wegbeschreibung hatten, liefen wir prompt auf der falschen Flussseite aufwärts und mussten deshalb eine wahnsinnig gefährliche Flussüberquerung machen, bei der ich beinahe ertrunken wäre. Jochens dazu gehörendes Foto spiegelt in keinster Weise den Ernst der Lage wieder (Anmerkung Jochen:…doch keine Anmerkung nötig). Auch auf der richtigen Seite war es nicht weniger anstrengend, aber wir wurden mit einem schönen Ausblick auf den Fitz Roy belohnt. Auf dem Campingplatz trafen wir auch wieder alte Bekannte, unsere Zeltnachbarn waren die Belgier und auch die Amerikaner waren dort und versicherten uns, unsere Thermoskanne stünde in ihrem Guesthouse und würde auf uns warten. Nachdem wir den Sonnenaufgang bei den Torres nicht gesehen hatten, starteten wir hier unseren zweiten Versuch und schafften es sogar aufzustehen, Tee zu kochen und loszulaufen und zwar in einer abartigen Kälte. Aber nach den ersten fünf Minuten wandern begann es dann auch noch zu schneien und vom Berg war nichts zu sehen und so krochen wir ins kalte Zelt und die noch kälteren Schlafsäcke und verließen den Park einige Stunden später im Sonnenschein- Patagonien eben! Wieder zurück in Calafate wollten wir noch unsere Kanne abholen, sie war auch vor Ort, aber der Guesthousebesitzer versicherte uns, sie sei ein Geschenk der Amerikaner an ihn gewesen. So sind sie, die Latinos, alles Baraber!

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Ultima Esparanza: Puerto Natales und Torres del Paine (7.12.-11.12.)

Obwohl Alejandro nur Besitzer des ‚Los Dos Lagunas‘ ist und Zimmer vermietet und eigentlich kein Reiseveranstalter ist, könnte man das meinen, denn nach dem Frühstück setzten wir uns vor die große Torres del Paine Karte in der Küche und Alejandro begann mit einem Zeigestock bewaffnet uns alle nur denkbaren Wandermöglichkeiten zu erläutern. Ein schweizer Ehepaar, das sich nur die Zimmer anschauen wollte, wurde sofort gezwungen, sich ebenfalls dazuzusetzen und den Ausführungen zu lauschen. Aufgrund der Informationsfülle konnte ich gar nicht alles behalten, aber diese Show findet jeden Tag statt und so hatten wir am nächsten Tag noch mal eine Gelegenheit seinen Vortrag zu hören. Unser Zimmer hatte einen eigenen kleinen Gasofen, der auch bitter nötig war und kein Bad, aber das Gemeinschaftsbad war- Überraschung- sauber und der Duschvorhang in keinster Weise verschimmelt. Puerto Natales liegt wunderschön an der Wasserstraße Ultima Esperanza gelegen, die wir von unserem Bett aus sehen konnten und ist ein recht nettes Städtchen mit Cafes, Buchläden und vielen Restaurants. Hier probierte ich auch meinen ersten und auch letzten Mate, den ich in einem Cafe bestellte, was man, wie ich jetzt weiß, auf gar keinen Fall machen darf. Aber ich glaube nicht, dass dieses Gesöff bei einer Einladung wirklich besser schmeckt. Ich kann gar nicht richtig beschreiben, wie scheußlich das schmeckt und mir ist absolut schleierhaft, warum die Südamerikaner und ja auch bestimmte Kollegen von mir, mit Kalabasse und Thermoskanne bewaffnet in der Gegend herumlaufen. Auch unsere erste King Crab war eine Enttäuschung, denn wir bekamen eine Art kalten Krabbenfleischsalat- und das in Alejandros ‚Geheimtipp‘. Deshalb entschlossen wir uns am Abend in der Gemeinschaftsküche selbst zu kochen und unsere zwei australischen Mitbewohner zu Linsen und Spätzle einzuladen. Lustigerweise war nicht Sam, der Iraner, sondern Jeremy essenstechnisch problematisch, da er als Jude keinen Speck essen durfte. So gab‘s den Speck separat und das Essen wurde zu Jochens Freude von allen überschwänglich gelobt. Leider wurde unser lustiges Beisammensein um 12 Uhr abrupt von Alejandro beendet, so dass wir uns alle ein bisschen wie im Schullandheim vorkamen, vor allem weil wir unsere Weingläser mit aufs Zimmer nahmen.
Am nächsten Morgen fuhren wir komplett ausgerüstet mit Sam und Jeremy und ungefähr fünf weiteren vollen Busladungen in Richtung Torres del Paine Nationalpark. Da das Wetter ziemlich schlecht war, beschlossen wir, nicht an den Torres wie die beiden Jungs auszusteigen und die Wanderung von dort aus zu machen, sondern zum anderen Ausgangspunkt zu fahren, um so am Ende bei den Torres eventuell besseres Wetter zu haben. Alle, die den Park kennen, wissen jetzt , dass wir das W gelaufen sind und nicht die Umrundung, was bestimmt noch toller gewesen wäre, aber da wir mittlerweile ein bisschen unter Zeitdruck waren, entschieden wir uns für die kürzere Variante. Der erste Tag zum Gletscher (echter Gletscher, nicht nur Schnee) war dann auch gar nicht so ohne, vor allem weil ich von außen von den zahlreichen Schneeregenschauern und von innen vom Schwitzen klatschnass wurde, da ich wie immer meine komplette Ausrüstung anhatte und der Weg bis zu unserem Camp sich doch etwas in die Länge und vor allem Höhe zog. Entschädigt wurden wir durch neonblau leuchtende Gletscherstücke, die langsam Richtung Meer trieben und natürlich durch Ausblicke auf den Gletscher selbst. Die Nacht war wie erwartet sehr nass und kalt, aber dank der Thermoskanne konnten wir uns mit steifem Grog leidlich warm halten. Auf dem Weg zum nächsten Camp trafen wir beim Tee trinken in einer Lodge Sam und Jeremy, wo sie sich für die Nacht eingemietet hatten. Wir verabredeten, dass sie uns am nächsten Morgen beim Passieren unseres Camps wecken sollten, was laut ihrer Aussage so gegen 5 oder 6 passieren sollte. Wir beschrieben noch unser Zelt und wanderten weiter. Auch dieser Zeltplatz gehörte zur Kategorie nass und kalt, was so gar nicht zu seinem Namen Campo Italiano passen wollte, weswegen wir selbstverständlich Spaghetti Napoli mit Parmesan kochten. Und wie um uns unseren Luxus noch klarer zu machen, baute neben uns ein armer Tropf seine Schlafstätte auf und versuchte aus Plastikplane und Steinen eine Art Improvisationsbiwak zu bauen. Am nächsten Tag war er schon verschwunden und demnach wohl nicht erfroren. Der Zeltplatz war ziemlich voll und es gab einige Zelte, auf die unsere Beschreibung passte und wir wachten am nächsten Morgen gegen 9 auf, ohne von den Jungs geweckt worden zu sein. Beim Loslaufen trafen wir dann noch ein nettes belgisches Pärchen, das wir auf der Fähre nach Ushuaia kennen gelernt hatten und nach einiger Zeit holten wir auch das muslimisch jüdische Team ein. So eine beliebte und überlaufene Wanderung hat halt auch seine Vorteile. Leider waren die beiden fitnesstechnisch nicht auf ihrem Zenit, so dass wir sie leider irgendwann aus den Augen verloren.
Auf dem Weg zum nächsten Camp trafen wir auf Rafael, den wir zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nicht kannten. Wie die Postkarte bei Jörg und Lou so treffend sagt, Fremde sind Freunde, die man nur noch nicht kennen gelernt hat, oder so ähnlich. Highlight dieser Etappe war ein wunderschöner See, an dem wir Pause machten und unsere schmerzenden und stinkenden Füße ins eiskalte Wasser hängten. Am Zeltplatz, der ziemlich voll war, machten wir den Fehler, erst zu bezahlen und dann einen Platz zu suchen, was zur Folge hatte, dass wir erst nachdem uns schon zwei Plätze vor der Nase weggeschnappt wurden, neben besagtem Rafael, einem Amerikaner aus San Francisco, dessen Eltern aber in Tübingen an der Uni studiert hatten, und seinen zwei Freunden George und Nico unser Zelt aufschlagen konnten. Das war ein echter Glücksfall, denn die drei waren super nett und obwohl gemeinsames Wandern ausfiel (alles Sportler, und George sogar in irgendeiner hohen Liga (Anm. Jochen: Major League Soccer Champion, also in etwa vergleichbar mit Pfrondorf!) im amerikanischen Fußball), verabredeten wir uns für das Ende der Wanderung in Puerto Natales im großen gelben Haus mit den großen Burgern.
Das Highlight der Wanderung hatten wir uns wetterbedingt ja für das Ende der Wanderung aufgehoben und so kam es dann auch. Als wir an den Torres ankamen, hatten wir freie Sicht und zwar stürmisches, aber trockenes Wetter am Fuß der Türme. Selbstverständlich nahmen wir uns, wie wohl alle Touristen auch, vor, den Sonnenaufgang oben direkt unterhalb der Türme zu besichtigen. Der Wecker wurde auch brav gestellt auf vier in der Früh- und das in den Ferien!!!- er weckte uns auch, aber wir konnten einfach nicht aufstehen, auch wenn wir draußen Stirnlampen huschen sahen. Es war einfach zu früh, zu kalt und zu dunkel und das Wetter fühlte sich auch eher schlecht an. Beim Frühstück im Unterstand wurde unsere Entscheidung auch prompt bestätigt, denn die anderen, die oben waren, konnten die Torres in Wolken gehüllt bewundern. Also wie immer: alles richtig gemacht. Als wir mit dem Bus den Nationalpark verließen, war ich fast ein bisschen geschockt, denn wenn das Wetter gut ist, dann sieht man die Torres schon am ersten Tag vom Bus aus und nicht wie wir nach fünf Tagen wandern.
In der Zivilisation angekommen, genossen wir erst mal eine richtig heiße Dusche und gingen dann Pizza essen, wovon wir eigentlich die ganze Wanderung über schon gesprochen hatten. Die Pizza war auch super lecker und neben uns saßen- große Überraschung- zwei Deutsche, die ihre Wanderung im Nationalpark planten. Da konnten wir natürlich mit unserem Wissen glänzen und als Gegenleistung brachte uns Daniel, der ein Stuttgart 21 Gegner aus der vordersten Reihe ist, politisch wieder auf den neuesten Stand. Schon witzig, wenn man quasi am Ende der Welt einer „Oben bleiben“ Tasche begegnet. Außerdem stellte das Mädel den Kontakt zu ihrer WG in Valparaiso her und stellte uns in Aussicht, dort in einer Studentenbude mit Dachterrasse zu nächtigen. Wie versprochen trafen wir auch noch die Jungs im besagten gelben Haus, wo die Burger wirklich massiv waren. Der Abend endete in einer Kneipe, in der es Literbier und wahnsinnig schlechten chilenischen Rotwein gab, den die Bedienung mir aber stilsicher zum Probieren anbot. Obwohl ich schon beim ersten Schluck die Qualität erahnen konnte, nahm ich an und bezahlte am nächsten Morgen mit meinem ersten richtig schlimmen Kater auf unserer Reise.

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Fin del Mundo Teil 2: Ushuaia (3.12.-6.12.)

Die Fahrt nach Ushuaia war lang, aber ich fand es herrlich, aus dem Fenster in die Pampa zu schauen, die für manche eintönig erscheinen mag und die einen Actionstreifen auf Spanisch (zum Beispiel Rocky III oder X-Men) dem vorziehen, aber zum einen gibt es Strauße, die hier Nandu heißen, und Guanacos zu sehen und zum anderen ist diese leere Landschaft und der weite Himmel einfach phantastisch. Um nun wirklich ans Ende der Welt zu kommen muss man mit der Fähre übersetzen, da Feuerland nur noch aus Inseln besteht und diese Überfahrt war wirklich der Hammer. An Deck war es so windig, dass ich mich an der Reling festklammern musste, weil ich kurzzeitig Angst hatte, weggeweht zu werden. Wir blieben trotzdem die ganze Zeit oben, da uns eine Gruppe schwarz weißer Delphine begleitete, die wie Orcas aussahen und eine kleine Delphinshow darboten, allerdings ohne Bälle, dafür aber mit Synchronsprüngen. Ushuaia ist eigentlich ein Hafenstädtchen, es liegen dort auch Containerboote und Kriegsmaschinerie, es erinnert aber eher an einen Skiort in den schweizer Alpen, was wohl an den vielen Restaurants, Souvenirshops und Hotels in ebendiesem Alpenstyle liegt. Im Gegensatz zu Peru und Bolivien fanden wir das Spanisch in Chile schon um einiges schwieriger zu verstehen, aber kein Vergleich zu Argentinien. Hier reden sie noch schneller als Zoltan und sprechen zudem auch noch viele Wörter ganz anders aus, so dass es eher ein bisschen wie Italienisch klingt, was wiederum prima zu dem phänomenal guten Eis passt, das hier hergestellt wird. Damit selbiges nicht so ansetzt, erkundeten wir die nähere Umgebung, den Nationalpark Tierra del Fuego und den Hausgletscher von Ushuaia. Im Nationalpark waren wir dann auch einen ganzen langen Tag, denn die Wanderungen waren super schön und wahnsinnig abwechslungsreich, wie das Wetter. Das war wahrscheinlich auch die Erklärung, weshalb wir kaum Menschen, dafür aber einen Fuchs aus nächster Nähe sehen konnten. Der Spaziergang zum Gletscher war im Gegensatz dazu doch eher etwas enttäuschend. Die Aussicht auf Hafen und Stadt ist zwar ganz nett, aber die Gletscher (drei!) stellten sich als Berge mit Schnee heraus. Wie sich vor Ort zeigte, hatten wir hier auch zum ersten Mal falsch geplant, denn eigentlich wollten wir auf der gegenüberliegenden chilenischen Insel Wandern gehen und dann mit dem Boot durch die Fjorde zurück nach Punta Arenas fahren. Allerdings kostete diese zwanzigminütige Überfahrt Unsummen, was wohl auch daran liegt, dass sich Chilenen und Argentinier nicht so wirklich mögen und eine Zusammenarbeit irgendwie nicht denkbar ist. Jedenfalls entschieden wir uns gegen diese Idee und sparen sie uns für die Zeit in Rente auf, da sind wir dann auch wirklich endlich genau so alt wie unsere Mitreisenden. Auf gleichen Weg wie wir gekommen waren, ging es dann wieder zurück nach Chile. Allerdings mussten wir diesmal vier Stunden auf die Überfahrt warten, da der Wind zu stark war und es gab diesmal keine Delphine zu sehen. Dementsprechend spät kamen wir dann in Puerto Natales an, wo wir zum Glück ein Zimmer gebucht hatten (auch ein super Tipp der Holländer) und nachts um drei noch mit Tee und heißen Sandwiches von Alejandro, dem Besitzer, bewirtet wurden.

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Wellness am Ende der Welt- Punta Arenas: Cabo San Isidro (27.11.-2.12.)

Punta Arenas hielt zur Begrüßung nicht das, was es versprach. Jeder hat doch so ein Bild vom Ende der Welt im Kopf, meines sah nicht so aus wie Punta Arenas, was sich uns als ziemlich menschenleerer, kleiner, windgebeutelter Ort mit sündhaft teuren Unterkünften präsentierte, der so gar nicht dieses Gefühl vom Ende der Welt vermittelte. Die Preispolitik war auch der Grund, weshalb wir im Hostal del Rey, einer laut Reiseführer kleinen, entzückenden, familiären Unterkunft abstiegen. Wir bekamen dann auch tatsächlich ein Zimmer in der muffligen Wohnung der Vermieter, die wie das Haus ebenfalls nicht mehr ganz taufrisch waren. Das Zimmer war mit Flohmarktplunder beplüscht und enthielt zwar zwei Betten, dafür musste man sich im Zimmer seitwärts bewegen. Die Dusche war nicht wie sonst mit einem, sondern diesmal mit zwei Duschvorhängen bestückt und besaß, wahrscheinlich um den Schimmelvorgang zu beschleunigen, kein Fenster aber einen Klodeckel, der zwar mit rosa Plüsch bezogen war, dafür aber nicht oben blieb und beim Pinkeln auf dem Rücken auflag bis Jochen ihn mit Klopapier justierte. Wir waren so beeindruckt und geschockt, dass wir vergessen haben, dieses Zimmer zu fotografieren. Eigentlich schade. Im zugegebenermaßen für Punta Arenas sensationellen Preis war das Frühstück inbegriffen, das am Abend vorher vom Hausherren, der laut Aussagen anderer Gäste, seine Jogginghose gern mal falsch herum trägt, bereits vorbereitet wurde, indem er zwei Scheiben altes Weißbrot und einen noch älteren Keks auf einem Teller drapierte und diesen mit Frischhaltefolie umwickelte. Dazu gab es ein Glas orangefarbener Marmelade, das schon einige Zeit in Benutzung war, was man sowohl dem Glas als auch dessen Inhalt deutlich ansehen konnte. Dafür hatten wir aber nette Mitbewohner, ein holländisches Pärchen, das uns neben guten Einkauftipps für Patagonien (Regenhose, da zu Hause vergessen und Thermoskanne) auch noch eine Wanderung empfahl und sogar anbot, uns am übernächsten Tag mit ihrem Mietwagen zum Ausgangspunkt dieser Wanderung zu chauffieren. Am nächsten Tag besichtigten wir den als Attraktion angepriesenen Friedhof von Punta Arenas und konnten feststellen, dass es ganz schön viele Europäer – Kroaten, Italiener und natürlich auch viele Deutsche (bestimmt alles ehemalige Parteimitglieder) – in diesen letzten Zipfel Welt verschlagen hat. Mir persönlich gefielen die Bäume, die wie die drei Räuber aus dem Kinderbuch gestutzt waren, viel besser als die Gräber. Da sind unsere Buchsbäumchen daheim noch ne Stange davon entfernt. Auf der schon angekündigten Wanderung präsentierte sich uns Patagonien schon in den ersten Minuten spektakulär. Im Reiseführer steht, dass man innerhalb eines Tages alle vier Jahreszeiten erleben kann. Dem ist allerdings nicht so. ‘Innerhalb einer Stunde‘ ist zutreffender. In strahlendem Sonnenschein, waagerechten Regenschauern, Hagel und Schnee wanderten wir, ständig mit An- und Ausziehen beschäftigt, zwischen Magellanstraße und Regenwald am Strand entlang. Unser Plan sah wieder einmal die Besteigung eines Berges vor, den wir auch in Angriff nahmen, aber durch dieses irre Wetter war der Weg megamatschig und irgendwann gar nicht mehr auszumachen, so dass wir knapp unterhalb der Schneegrenze aufgaben und umkehrten. Am Strand schafften wir es gerade noch, vor dem nächsten Regenschauer das Zelt aufzubauen und da sich das Wetter hier nicht immer ändert, sondern auch mal einfach schlecht bleiben kann, blieben wir dort auch, kochten lecker Maccaroni mit Käsewasser und spielten UNO. Leider hatte ich neben der Regenhose auch das tolle wasserabweisende UNO-Spiel von Trixi zu Hause vergessen, aber in La Paz eine Papierversion erstanden, die sich bis zum heutigen Zeitpunkt hält. Und auch wenn Jochen immer sagt, es sei ein Deppenspiel, macht es uns großen Spaß.
Am nächsten Tag leistete uns eine patagonische Hummel beim Frühstück Gesellschaft, die sich gezwungenermaßen einen dermaßen dicken Pelz zugelegt hatte, dass es unvorstellbar ist, dass dieses fette Ding fliegen kann, aber es kann tatsächlich. Nach einer ziemlich kurzen Wanderung erreichten wir Cabo San Isidro, den südlichsten Leuchtturm der Welt (allerdings nur wenn man vom Festland ausgeht) und das von den Holländern schon angepriesene südlichste Guesthouse. Wunderschön gelegen und schön anzusehen, bestückt mit Sauna und Hot Tub konnten wir nicht daran vorbei und entschlossen uns, wenigstens einen Tee in dem sagenhaft schönen Speisesaal zu uns zu nehmen, der zur Magellanstraße hin komplett verglast war und von einem offenen Kamin beheizt wurde. Zum Tee gab es selbstgebackenen Plätzchen und ein nettes älteres gut situiertes englisches Ehepaar, die einzigen Gäste, die sogleich begannen, uns zum Dableiben zu überreden. Eigentlich waren wir innerlich auch schon so weit, aber mich schockierte der Preis dann doch ziemlich und ließ mich zögern, aber glücklicherweise kennt Jochen da ja nix und nachdem wir auch noch einen Sonderpreis bekamen, bezogen wir unser Zimmer mit Bad ohne Duschvorhang! Danach war Sauna angesagt, die wir selber beheizen mussten. Leider bekamen wir sie nicht über 80 Grad, aber es reichte trotzdem aus, um so aufgeheizt zu sein, dass wir uns in der Magellanstraße abkühlen mussten. Leider gibt es von mir kein Beweisfoto für den Blog, da Jochen mich nur unvorteilhaft beim aus dem Wasser rennen, abgelichtet hat. Dieser Saunabesuch gehört auf jeden Fall zu meinen absoluten Reisehighlights und hier hatte ich nun auch endlich dieses Gefühl, wirklich am Ende der Welt zu sein. Abends dinierten wir mit den Engländern stilgemäß ein dreigängiges Menü inklusive einer Flasche Wein. Es war wieder einmal ein super Abend und ich stelle fest, dass unsere Reisebekanntschaften immer älter werden, was zum einen daran liegen könnte, dass wir sie gezielt aussuchen, um uns dann jünger vorzukommen, aber auch einfach in den Übernachtungspreisen begründet sein kann, die sich nur die englische Oberschicht und wir uns leisten können. Der Abschied am nächsten Tag fiel entsprechend schwer, vor allem weil wir beim Frühstücken von unserem gemütlichen, kuscheligen, beheizten Panoramazimmer aus Delphine beobachten konnten und das Wetter auch noch so richtig schlecht wurde (Schneesturm!). Nach so viel Luxus muss man aber auch mal wieder ein bisschen leiden und so stapften wir komplett in Regenklamotten verpackt wieder in Richtung Punta Arenas. Eigentlich hätten wir auch noch weiter zum Cabo Froward gehen können, das wäre dann nun wirklich der südlichste Punkt des Festlandes gewesen, aber da es dort keine vergleichbare Unterkunft gegeben hätte, wir sogar hätten zelten müssen, verwarfen wir diese Idee selbstverständlich sofort. Obwohl ich schon gerne das Kreuz gesehen hätte, dass sie zu Ehren des Besuchs von Papst Johannes Paul II aufgestellt haben, der aber bestimmt nicht zu Fuß dorthin gekommen ist. Wieder in der Zivilisation in Form einer verlassenen Ferienanlage angekommen, stellten wir fest, dass der Bus nach Punta Arenas erst fünf Stunden später fahren würde, wurden aber aufgrund des widrigen Wetters von einem Mann mitgenommen, in dessen Wohnzimmer, das zwar beheizt, aber zugig war, wir teetrinkend und Karten spielend auf den Bus warteten, während er und seine Frau einen Actionfilm auf DVD sahen. Nachvollziehbarerweise war im Hostal del Rey kein Zimmer mehr frei und wir mussten in eine andere Unterkunft ohne Privatbad. Jochen und ich sind uns bezüglich der Badfrage nicht einig. Er bevorzugt Privatbad, was ich prinzipiell auch besser finde, da ich nachts immer aufs Klo muss, aber ich stelle fest, dass Gemeinschaftsbäder oft sauberer sind und keine oder weniger verschimmelte Duschvorhänge besitzen als Privatbäder. Ich werde dieses Phänomen weiter verfolgen um zu einem abschließenden Ergebnis kommen zu können.

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Freitag, 7. Januar 2011

Thanksgiving and more- Cotopaxi (22.11.-25.11.)

Manche Guesthäuser machen den Reisenden das Leben schon extrem einfach und so war es eigentlich keine Frage, dass wir die wenigen Tage, die wir in Ecuador noch hatten, im zum Secret Garden gehörenden Außenposten zu Füßen des Cotopaxi verbringen würden. Tausend Dank nochmals an Steffi für die vielen tollen und phantastisch angepriesenen Tipps für Ecuador, die wir alle nicht ausprobieren konnten. Wir werden wiederkommen müssen!!! Aber die Lodge am Cotopaxi sah auf Bildern sehr verlockend aus und war zudem bequem zu erreichen. Nach zwei Stunden Fahrt wurden wir überaus herzlich von der Polin Katarina empfangen und die anderen, die mitgefahren waren, brachen auch gleich zur ersten Aktivität, einer Wanderung zum Wasserfall auf, aber ich war noch zu müde und krank und blieb deshalb bei den Hunden am offenen Kamin liegen- herrlich. Im Secret Garden Cotopaxi kommt man super schnell mit allen ins Gespräch und an diesem Abend lernten wir eine Neuseeländerin kennen, die bei den Olympischen Spielen in Athen in der Hockeymannschaft mitgespielt hat, ihren Namen habe ich allerdings auch schon wieder vergessen, wobei ich zu meiner Entschuldigung sagen muss, dass sich auch eher Jochen mit ihr unterhalten hat, was aber alles umsonst war, denn sie hatte ihre Freundin dabei. Am nächsten Tag wäre eigentlich ein Ausflug zum Cotopaxi angesagt gewesen, aber da nicht alle in den Jeep passten, ließen wir uns dazu überreden, einen Pferdeausritt zu machen. Ich hatte Reiten eigentlich als spaßige Aktivität in Erinnerung, mit Biggi, Steffi, Nicole und 'Wind in seinem Haar' in Marlboro Country, aber als es dann losging, konnte ich mich wieder erinnern, wie ich und vor allem Nicole damals auf dem Pferd auf und ab gehüpft sind. Wenigstens waren die Steigbügel vorne geschlossen, so dass mein Schuh diesmal nicht durchrutschen konnte! Schon nach den ersten Minuten tat mir alles weh- Hintern, Oberschenkel, Hand vom Festkrallen... Selbst bei Verbotene Liebe sieht es immer ganz einfach aus, wenn Henning und Konsorten durch den Park von Schloss Friedenau reiten, von den ganzen Western mal abgesehen. Ich jedenfalls sah bestimmt alles andere als entspannt aus und war permanent beschäftigt den blöden Gaul auf das richtige Tempo zu bringen. Entweder war er zu langsam oder zu schnell und außerdem war er vielleicht auch noch behindert. Er stolperte die ganze Zeit, Luke, ein Engländer, der auch dabei war, behauptete, dass ein Bein kürzer sei als das andere, was ich aber nicht wirklich verifizieren konnte. Nach dem amerikanischen Pferd ohne Namen, das immer ausschlug und dem behinderten ecuadorianischen glaube ich behaupten zu dürfen, dass Touristen tiertechnisch nur Ausschussware bekommen. Auf dem Rückweg begann es dann zu schütten, was die Pferde dazu veranlasste, nur noch zu traben, was für mein Pferd aber nicht so einfach war, da es sich bergab und auf rutschigem Untergrund mit unterschiedlich langen Beinen schlecht traben lässt. Aber als es dann eben war und ich endlich galoppieren durfte, lief es phantastisch. Ich weiß gar nicht, warum man nicht von Anfang an galoppiert. Es holpert viel weniger und sieht bestimmt auch viel besser aus. So konnten wir dann vor den anderen, die uns im Jeep überholten doch noch eine ganz gute Figur abgeben. Total durchgefroren freuten wir uns dann auf den viel gepriesenen Hot Tub, der aber leider anfangs gar nicht hot und dessen Wasser auch eher schon länger in Benutzung war. Aber egal, mit Bier in der Hand und nach und nach wärmer werdendem Wasser ließ es sich dann doch ganz gut aushalten. Danach traf sich alles wieder im Gemeinschaftsraum, wo der Neuankömmling Ben aus England herumlungerte. Er erinnerte mich vom Aussehen her ein bisschen an den Typ von „Into the Wild“, war aber bevor er zu seiner Reise aufbrach der Redenschreiber von James Cameron- einfach cool. Der Abend war dann auch super interessant und wir quatschten mit ihm und noch anderen Amis über Politik, Schulsysteme, Vor-und Nachteile der unterschiedlichen Länder aus denen wir kommen und noch tausend andere Dinge. Es war einfach genial mal über den üblichen oberflächlichen Smalltalk herauszukommen, wobei ich sagen muss, dass wir bisher eigentlich nur tolle Leute kennen gelernt haben, mit denen wir sehr schnell auf diese andere Ebene gekommen sind. Und auch wenn die Begegnungen so kurz sind, lohnend sind sie auf alle Fälle. Ein Glück, dass im Fenster unserer Hütte eine Kerze brannte, so fand ich nach einigen Bieren meinen Weg in unsere Hütte, in der ein Feuer brannte und eine Wärmflasche im Bett lag- Luxus pur!
Am nächsten Tag konnten wir dann endlich auch den Cotopaxi wenigstens ein Stück weit besteigen. Es lag auch jede Menge Schnee, so dass ich oben angekommen gleich für Clemens und Inga ihren ersten Schneemann bauen konnte. Allerdings kam das Foto bei ihnen erst an, als in Deutschland auch schon so viel Schnee lag, also ein bisschen umsonst die ganze Aktion wegen der ich dann auch noch den Andenfuchs verpasst habe, aber er ist dafür ja ganz hübsch geworden. Viel besser als das Raufstapfen war das Runterkommen, denn wir rutschten auf Tüten bergab. Ich weiß gar nicht, wann ich das das letzte Mal gemacht habe, auf jeden Fall ist es viel zu lange her. Es war trotz der megaschlechten Tüten einfach genial, wir waren richtig schnell, meine Hose danach aufgeplatzt und alle klatschnass. Das war aber egal, denn den restlichen Weg legten wir im Regen mit Mountainbikes zurück, was mit meinem eigenen bestimmt auch viel Spaß gemacht hätte, so aber war ich eigentlich eher nur damit beschäftigt, die Kette rauf und runter zu machen und meinen viel zu großen Helm festzuhalten. Ein Glück, dass es abends Glühwein und richtig leckere Burger vom Grill gab, das besänftigte meine schlechte Laune wieder.
Eigentlich war unser Plan gewesen, am 25.11. morgens schon wieder in Quito zu sein, da aber Katarina und die anderen Volontäre ein großes Thanksgivingfestessen vorbereiteten, das sich wirklich super anhörte, beschlossen wir, noch zum Dinner dazubleiben. Es war mein erstes Thanksgiving und ich habe mir fest vorgenommen, nächstes Jahr zu Hause mit euch allen auch zu feiern, fordert die Einladung ruhig ein! Zum einen ist ja jeder Anlass zum Essen und Alkohol trinken bestens, aber zum anderen gibt es an diesem Tag die Tradition, dass jeder sich für irgendetwas bedankt und obwohl ich die ganzen Menschen zum Teil ja nur einige Stunden kannte, war es auch wenn es sich super kitschig anhört einfach schön. Wann bedankt man sich denn wirklich mal so richtig bewusst für irgendwas, da ist sowas doch ein guter Anlass, den die meisten (nicht alle) für Liebeserklärungen nutzten. Ihr könnt euch also darauf einstellen, Völlerei gibt’s nächstes Jahr nur für die, die sich auch ordentlich bedanken.
Wegen der Verlängerung am Cotopaxi war dann der Abschied von Quito recht fix, aber immerhin besuchten wir noch die Mutter Gottes Statue auf dem Hügel über der Stadt, die hätte dir, Mama, gut gefallen, sie hat nämlich als einzige auf der Welt Flügel. Außerdem tranken wir ein scheußliches, traditionell ecuadorianisches Heißgetränk, was wohl Glühwein nachempfunden sein soll, es aber leider in keinster Weise ist.

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The Glove – mit Gail und Sandy in Quito (19.11.-21.11.)

In Quito angekommen mussten wir nicht lange nach einer Unterkunft suchen, da uns Andi und Susi und übrigens so ziemlich jeder, den wir auf unserer Reise bisher trafen, das Secret Garden empfohlen hatten. Der Tipp war auch Gold wert, super Frühstück, phantastische Aussicht von der Dachterrasse, gute Musik und nette Leute- was will man mehr. Wir aber hatten erst mal eine Verabredung mit Claire, Iwrong, Sandy und Gail und bevor der Abend überhaupt los ging, überreichte Sandy jedem von uns ein Geschenk: einen schwarzen Handschuh- The Glove. Sein ursprünglicher Plan sah einen weißen Handschuh vor, auf den er eigentlich hatte Oktoberfest schreiben wollen, was er aber verwerfen musste, das er keinen weißen Handschuh auftreiben konnte. Denn, und das ist die Geschichte unseres Abends auf Santa Cruz, Sandy war und ist eigentlich immer noch felsenfest davon überzeugt, dass Deutsche mit einer behandschuhten Hand auf Festen Bier trinken. Er war in den USA ein Mal (!) auf einem Bierfest und da wurde den Amis dieses Ammenmärchen weis gemacht und tatsächlich ein Handschuh zum Biertrinken verteilt! Und weil wir Sandy mit der Wahrheit enttäuschen mussten, bekamen wir den Handschuh und ich muss auf jeden Fall daheim ein Bild von uns allen im Theos machen, wie wir mit einem Handschuh Bier trinken! Jedenfalls haben wir die beiden sehr ins Herz geschlossen, so nette, offene, interessierte, warmherzige und interessante Menschen und so gar nicht wie man sich, vorurteilsbeladen wie wir sind, den Amerikaner an sich vorstellt. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie viele Biere wir mit dem Handschuh getrunken haben, der Abend war einfach phantastisch. Und das Ganze noch über den Dächern von Quito, mit Feuerwerk und Cumpleanos Feliz- einfach super.
Am nächsten Tag hatten wir uns für den Stierkampf verabredet. In Quito waren gerade just jeden Tag Stierkämpfe, Feuerwerk und sonstige Warming Up Fiestas für die große Party, wahrscheinlich der zighundertste Jahrestag, den genauen Anlass hab ich leider vergessen. Aber eigentlich brauchen Lateinamerikaner gar keinen Anlass um zu feiern, deshalb ist es auch nicht so wichtig. Jedenfalls war ich schon von Anfang an skeptisch, ob ich zu einer derartigen Veranstaltung gehen sollte, aber ich entschied mich dann dafür, denn nur was man kennt, kann man schließlich beurteilen. Anfangs war ich auch noch bester Dinge, der Eintritt war umsonst, alles glich einer großen Familienparty, Menschen mit Cowboyhüten, Blaskapelle und als die Matadore einmarschierten, stand die ganze Menge auf und schmetterte das Stadtlied von Quito. Allerdings kippte bei mir die Stimmung schon nach den ersten Minuten des Stierkampfes. Ich hätte nicht gedacht, wie grausam und ungerecht die ganze Geschichte abläuft. Jochen versuchte mir zwar immer klar zu machen, dass ein Stierkampf ja auch nichts mit Gerechtigkeit zu tun hat, was prinzipiell ja auch stimmt, aber trotzdem! Der Stier wird gleich zu Anfang vom Pferd aus einige Male in den Rücken gestochen, so dass er Schmerzen hat und aggressiv wird. Eigentlich ist er das aber gar nicht, sondern eher verwirrt und hilflos, weil er von allen Seiten vom Matador und seinen Gehilfen bedrängt wird. Wenn es so abläuft, wie bei diesem Kampf, leidet der Stier nach dem Todesstoß auch noch ewig lange, weil die Amateure nicht immer genau das Herz oder die Lunge erwischen oder was auch immer man treffen muss, damit ein Tier schnell stirbt. Mir hat der Stier so leid getan, dass ich sogar anfangen musste zu heulen. Ich hatte einen richtigen Hass auf diese machomäßigen Matadore, obwohl es schon irgendwie auch toll aussieht mit den Kostümen und so. Aber egal, gemischte Gefühle hin und Tradition her, ich kann nicht einsehen, dass ein Tier für Sport, Tradition und Amüsement so gequält wird. Ich war auch offensichtlich nicht allein mit meiner Meinung, denn alle Touristen, die ich anfangs gesehen hatte, sind nach dem ersten Kampf gegangen und auch Gail, Sandy und Jochen waren einigermaßen mitgenommen. Und das schlimme ist ja, dass an diesem Tag noch fünf weitere Stiere abgeschlachtet wurden und den ganzen Dezember hindurch jeden Tag Kämpfe sind. Es wäre bestimmt interessant gewesen mit einem Ecuadorianer darüber zu sprechen, aber ich hatte keine Gelegenheit und ich wäre wahrscheinlich sowieso viel zu emotional für eine Diskussion gewesen. So bleibt meine Meinung über Stierkampf vorerst und ich glaube auch dauerhaft so bestehen wie sie jetzt ist! Abends war ich dann auch gleich so krank, dass ich nicht mehr mit Gail und Sandy Essen (ich hatte mir fest vorgenommen, vegetarisch zu bestellen, auch wenn es mal wieder Eier und Zwiebeln geben sollte) gehen und mich verabschieden konnte. Eine weitere viel zu kurze Begegnung, von der ich hoffe, dass wir sie irgendwann in Seattle wieder auffrischen können. Es sind ja nicht nur die vielen Orte, die man auf der Reise weglassen muss, weswegen weitere Sabbatjahre notwendig sind, nein, es kommen ständig neue Ziele dazu, da man seine ganzen Reisebekanntschaften besuchen will.

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