Dienstag, 8. Februar 2011

Wellness am Ende der Welt- Punta Arenas: Cabo San Isidro (27.11.-2.12.)

Punta Arenas hielt zur Begrüßung nicht das, was es versprach. Jeder hat doch so ein Bild vom Ende der Welt im Kopf, meines sah nicht so aus wie Punta Arenas, was sich uns als ziemlich menschenleerer, kleiner, windgebeutelter Ort mit sündhaft teuren Unterkünften präsentierte, der so gar nicht dieses Gefühl vom Ende der Welt vermittelte. Die Preispolitik war auch der Grund, weshalb wir im Hostal del Rey, einer laut Reiseführer kleinen, entzückenden, familiären Unterkunft abstiegen. Wir bekamen dann auch tatsächlich ein Zimmer in der muffligen Wohnung der Vermieter, die wie das Haus ebenfalls nicht mehr ganz taufrisch waren. Das Zimmer war mit Flohmarktplunder beplüscht und enthielt zwar zwei Betten, dafür musste man sich im Zimmer seitwärts bewegen. Die Dusche war nicht wie sonst mit einem, sondern diesmal mit zwei Duschvorhängen bestückt und besaß, wahrscheinlich um den Schimmelvorgang zu beschleunigen, kein Fenster aber einen Klodeckel, der zwar mit rosa Plüsch bezogen war, dafür aber nicht oben blieb und beim Pinkeln auf dem Rücken auflag bis Jochen ihn mit Klopapier justierte. Wir waren so beeindruckt und geschockt, dass wir vergessen haben, dieses Zimmer zu fotografieren. Eigentlich schade. Im zugegebenermaßen für Punta Arenas sensationellen Preis war das Frühstück inbegriffen, das am Abend vorher vom Hausherren, der laut Aussagen anderer Gäste, seine Jogginghose gern mal falsch herum trägt, bereits vorbereitet wurde, indem er zwei Scheiben altes Weißbrot und einen noch älteren Keks auf einem Teller drapierte und diesen mit Frischhaltefolie umwickelte. Dazu gab es ein Glas orangefarbener Marmelade, das schon einige Zeit in Benutzung war, was man sowohl dem Glas als auch dessen Inhalt deutlich ansehen konnte. Dafür hatten wir aber nette Mitbewohner, ein holländisches Pärchen, das uns neben guten Einkauftipps für Patagonien (Regenhose, da zu Hause vergessen und Thermoskanne) auch noch eine Wanderung empfahl und sogar anbot, uns am übernächsten Tag mit ihrem Mietwagen zum Ausgangspunkt dieser Wanderung zu chauffieren. Am nächsten Tag besichtigten wir den als Attraktion angepriesenen Friedhof von Punta Arenas und konnten feststellen, dass es ganz schön viele Europäer – Kroaten, Italiener und natürlich auch viele Deutsche (bestimmt alles ehemalige Parteimitglieder) – in diesen letzten Zipfel Welt verschlagen hat. Mir persönlich gefielen die Bäume, die wie die drei Räuber aus dem Kinderbuch gestutzt waren, viel besser als die Gräber. Da sind unsere Buchsbäumchen daheim noch ne Stange davon entfernt. Auf der schon angekündigten Wanderung präsentierte sich uns Patagonien schon in den ersten Minuten spektakulär. Im Reiseführer steht, dass man innerhalb eines Tages alle vier Jahreszeiten erleben kann. Dem ist allerdings nicht so. ‘Innerhalb einer Stunde‘ ist zutreffender. In strahlendem Sonnenschein, waagerechten Regenschauern, Hagel und Schnee wanderten wir, ständig mit An- und Ausziehen beschäftigt, zwischen Magellanstraße und Regenwald am Strand entlang. Unser Plan sah wieder einmal die Besteigung eines Berges vor, den wir auch in Angriff nahmen, aber durch dieses irre Wetter war der Weg megamatschig und irgendwann gar nicht mehr auszumachen, so dass wir knapp unterhalb der Schneegrenze aufgaben und umkehrten. Am Strand schafften wir es gerade noch, vor dem nächsten Regenschauer das Zelt aufzubauen und da sich das Wetter hier nicht immer ändert, sondern auch mal einfach schlecht bleiben kann, blieben wir dort auch, kochten lecker Maccaroni mit Käsewasser und spielten UNO. Leider hatte ich neben der Regenhose auch das tolle wasserabweisende UNO-Spiel von Trixi zu Hause vergessen, aber in La Paz eine Papierversion erstanden, die sich bis zum heutigen Zeitpunkt hält. Und auch wenn Jochen immer sagt, es sei ein Deppenspiel, macht es uns großen Spaß.
Am nächsten Tag leistete uns eine patagonische Hummel beim Frühstück Gesellschaft, die sich gezwungenermaßen einen dermaßen dicken Pelz zugelegt hatte, dass es unvorstellbar ist, dass dieses fette Ding fliegen kann, aber es kann tatsächlich. Nach einer ziemlich kurzen Wanderung erreichten wir Cabo San Isidro, den südlichsten Leuchtturm der Welt (allerdings nur wenn man vom Festland ausgeht) und das von den Holländern schon angepriesene südlichste Guesthouse. Wunderschön gelegen und schön anzusehen, bestückt mit Sauna und Hot Tub konnten wir nicht daran vorbei und entschlossen uns, wenigstens einen Tee in dem sagenhaft schönen Speisesaal zu uns zu nehmen, der zur Magellanstraße hin komplett verglast war und von einem offenen Kamin beheizt wurde. Zum Tee gab es selbstgebackenen Plätzchen und ein nettes älteres gut situiertes englisches Ehepaar, die einzigen Gäste, die sogleich begannen, uns zum Dableiben zu überreden. Eigentlich waren wir innerlich auch schon so weit, aber mich schockierte der Preis dann doch ziemlich und ließ mich zögern, aber glücklicherweise kennt Jochen da ja nix und nachdem wir auch noch einen Sonderpreis bekamen, bezogen wir unser Zimmer mit Bad ohne Duschvorhang! Danach war Sauna angesagt, die wir selber beheizen mussten. Leider bekamen wir sie nicht über 80 Grad, aber es reichte trotzdem aus, um so aufgeheizt zu sein, dass wir uns in der Magellanstraße abkühlen mussten. Leider gibt es von mir kein Beweisfoto für den Blog, da Jochen mich nur unvorteilhaft beim aus dem Wasser rennen, abgelichtet hat. Dieser Saunabesuch gehört auf jeden Fall zu meinen absoluten Reisehighlights und hier hatte ich nun auch endlich dieses Gefühl, wirklich am Ende der Welt zu sein. Abends dinierten wir mit den Engländern stilgemäß ein dreigängiges Menü inklusive einer Flasche Wein. Es war wieder einmal ein super Abend und ich stelle fest, dass unsere Reisebekanntschaften immer älter werden, was zum einen daran liegen könnte, dass wir sie gezielt aussuchen, um uns dann jünger vorzukommen, aber auch einfach in den Übernachtungspreisen begründet sein kann, die sich nur die englische Oberschicht und wir uns leisten können. Der Abschied am nächsten Tag fiel entsprechend schwer, vor allem weil wir beim Frühstücken von unserem gemütlichen, kuscheligen, beheizten Panoramazimmer aus Delphine beobachten konnten und das Wetter auch noch so richtig schlecht wurde (Schneesturm!). Nach so viel Luxus muss man aber auch mal wieder ein bisschen leiden und so stapften wir komplett in Regenklamotten verpackt wieder in Richtung Punta Arenas. Eigentlich hätten wir auch noch weiter zum Cabo Froward gehen können, das wäre dann nun wirklich der südlichste Punkt des Festlandes gewesen, aber da es dort keine vergleichbare Unterkunft gegeben hätte, wir sogar hätten zelten müssen, verwarfen wir diese Idee selbstverständlich sofort. Obwohl ich schon gerne das Kreuz gesehen hätte, dass sie zu Ehren des Besuchs von Papst Johannes Paul II aufgestellt haben, der aber bestimmt nicht zu Fuß dorthin gekommen ist. Wieder in der Zivilisation in Form einer verlassenen Ferienanlage angekommen, stellten wir fest, dass der Bus nach Punta Arenas erst fünf Stunden später fahren würde, wurden aber aufgrund des widrigen Wetters von einem Mann mitgenommen, in dessen Wohnzimmer, das zwar beheizt, aber zugig war, wir teetrinkend und Karten spielend auf den Bus warteten, während er und seine Frau einen Actionfilm auf DVD sahen. Nachvollziehbarerweise war im Hostal del Rey kein Zimmer mehr frei und wir mussten in eine andere Unterkunft ohne Privatbad. Jochen und ich sind uns bezüglich der Badfrage nicht einig. Er bevorzugt Privatbad, was ich prinzipiell auch besser finde, da ich nachts immer aufs Klo muss, aber ich stelle fest, dass Gemeinschaftsbäder oft sauberer sind und keine oder weniger verschimmelte Duschvorhänge besitzen als Privatbäder. Ich werde dieses Phänomen weiter verfolgen um zu einem abschließenden Ergebnis kommen zu können.

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