Dienstag, 8. Februar 2011

Ultima Esparanza: Puerto Natales und Torres del Paine (7.12.-11.12.)

Obwohl Alejandro nur Besitzer des ‚Los Dos Lagunas‘ ist und Zimmer vermietet und eigentlich kein Reiseveranstalter ist, könnte man das meinen, denn nach dem Frühstück setzten wir uns vor die große Torres del Paine Karte in der Küche und Alejandro begann mit einem Zeigestock bewaffnet uns alle nur denkbaren Wandermöglichkeiten zu erläutern. Ein schweizer Ehepaar, das sich nur die Zimmer anschauen wollte, wurde sofort gezwungen, sich ebenfalls dazuzusetzen und den Ausführungen zu lauschen. Aufgrund der Informationsfülle konnte ich gar nicht alles behalten, aber diese Show findet jeden Tag statt und so hatten wir am nächsten Tag noch mal eine Gelegenheit seinen Vortrag zu hören. Unser Zimmer hatte einen eigenen kleinen Gasofen, der auch bitter nötig war und kein Bad, aber das Gemeinschaftsbad war- Überraschung- sauber und der Duschvorhang in keinster Weise verschimmelt. Puerto Natales liegt wunderschön an der Wasserstraße Ultima Esperanza gelegen, die wir von unserem Bett aus sehen konnten und ist ein recht nettes Städtchen mit Cafes, Buchläden und vielen Restaurants. Hier probierte ich auch meinen ersten und auch letzten Mate, den ich in einem Cafe bestellte, was man, wie ich jetzt weiß, auf gar keinen Fall machen darf. Aber ich glaube nicht, dass dieses Gesöff bei einer Einladung wirklich besser schmeckt. Ich kann gar nicht richtig beschreiben, wie scheußlich das schmeckt und mir ist absolut schleierhaft, warum die Südamerikaner und ja auch bestimmte Kollegen von mir, mit Kalabasse und Thermoskanne bewaffnet in der Gegend herumlaufen. Auch unsere erste King Crab war eine Enttäuschung, denn wir bekamen eine Art kalten Krabbenfleischsalat- und das in Alejandros ‚Geheimtipp‘. Deshalb entschlossen wir uns am Abend in der Gemeinschaftsküche selbst zu kochen und unsere zwei australischen Mitbewohner zu Linsen und Spätzle einzuladen. Lustigerweise war nicht Sam, der Iraner, sondern Jeremy essenstechnisch problematisch, da er als Jude keinen Speck essen durfte. So gab‘s den Speck separat und das Essen wurde zu Jochens Freude von allen überschwänglich gelobt. Leider wurde unser lustiges Beisammensein um 12 Uhr abrupt von Alejandro beendet, so dass wir uns alle ein bisschen wie im Schullandheim vorkamen, vor allem weil wir unsere Weingläser mit aufs Zimmer nahmen.
Am nächsten Morgen fuhren wir komplett ausgerüstet mit Sam und Jeremy und ungefähr fünf weiteren vollen Busladungen in Richtung Torres del Paine Nationalpark. Da das Wetter ziemlich schlecht war, beschlossen wir, nicht an den Torres wie die beiden Jungs auszusteigen und die Wanderung von dort aus zu machen, sondern zum anderen Ausgangspunkt zu fahren, um so am Ende bei den Torres eventuell besseres Wetter zu haben. Alle, die den Park kennen, wissen jetzt , dass wir das W gelaufen sind und nicht die Umrundung, was bestimmt noch toller gewesen wäre, aber da wir mittlerweile ein bisschen unter Zeitdruck waren, entschieden wir uns für die kürzere Variante. Der erste Tag zum Gletscher (echter Gletscher, nicht nur Schnee) war dann auch gar nicht so ohne, vor allem weil ich von außen von den zahlreichen Schneeregenschauern und von innen vom Schwitzen klatschnass wurde, da ich wie immer meine komplette Ausrüstung anhatte und der Weg bis zu unserem Camp sich doch etwas in die Länge und vor allem Höhe zog. Entschädigt wurden wir durch neonblau leuchtende Gletscherstücke, die langsam Richtung Meer trieben und natürlich durch Ausblicke auf den Gletscher selbst. Die Nacht war wie erwartet sehr nass und kalt, aber dank der Thermoskanne konnten wir uns mit steifem Grog leidlich warm halten. Auf dem Weg zum nächsten Camp trafen wir beim Tee trinken in einer Lodge Sam und Jeremy, wo sie sich für die Nacht eingemietet hatten. Wir verabredeten, dass sie uns am nächsten Morgen beim Passieren unseres Camps wecken sollten, was laut ihrer Aussage so gegen 5 oder 6 passieren sollte. Wir beschrieben noch unser Zelt und wanderten weiter. Auch dieser Zeltplatz gehörte zur Kategorie nass und kalt, was so gar nicht zu seinem Namen Campo Italiano passen wollte, weswegen wir selbstverständlich Spaghetti Napoli mit Parmesan kochten. Und wie um uns unseren Luxus noch klarer zu machen, baute neben uns ein armer Tropf seine Schlafstätte auf und versuchte aus Plastikplane und Steinen eine Art Improvisationsbiwak zu bauen. Am nächsten Tag war er schon verschwunden und demnach wohl nicht erfroren. Der Zeltplatz war ziemlich voll und es gab einige Zelte, auf die unsere Beschreibung passte und wir wachten am nächsten Morgen gegen 9 auf, ohne von den Jungs geweckt worden zu sein. Beim Loslaufen trafen wir dann noch ein nettes belgisches Pärchen, das wir auf der Fähre nach Ushuaia kennen gelernt hatten und nach einiger Zeit holten wir auch das muslimisch jüdische Team ein. So eine beliebte und überlaufene Wanderung hat halt auch seine Vorteile. Leider waren die beiden fitnesstechnisch nicht auf ihrem Zenit, so dass wir sie leider irgendwann aus den Augen verloren.
Auf dem Weg zum nächsten Camp trafen wir auf Rafael, den wir zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nicht kannten. Wie die Postkarte bei Jörg und Lou so treffend sagt, Fremde sind Freunde, die man nur noch nicht kennen gelernt hat, oder so ähnlich. Highlight dieser Etappe war ein wunderschöner See, an dem wir Pause machten und unsere schmerzenden und stinkenden Füße ins eiskalte Wasser hängten. Am Zeltplatz, der ziemlich voll war, machten wir den Fehler, erst zu bezahlen und dann einen Platz zu suchen, was zur Folge hatte, dass wir erst nachdem uns schon zwei Plätze vor der Nase weggeschnappt wurden, neben besagtem Rafael, einem Amerikaner aus San Francisco, dessen Eltern aber in Tübingen an der Uni studiert hatten, und seinen zwei Freunden George und Nico unser Zelt aufschlagen konnten. Das war ein echter Glücksfall, denn die drei waren super nett und obwohl gemeinsames Wandern ausfiel (alles Sportler, und George sogar in irgendeiner hohen Liga (Anm. Jochen: Major League Soccer Champion, also in etwa vergleichbar mit Pfrondorf!) im amerikanischen Fußball), verabredeten wir uns für das Ende der Wanderung in Puerto Natales im großen gelben Haus mit den großen Burgern.
Das Highlight der Wanderung hatten wir uns wetterbedingt ja für das Ende der Wanderung aufgehoben und so kam es dann auch. Als wir an den Torres ankamen, hatten wir freie Sicht und zwar stürmisches, aber trockenes Wetter am Fuß der Türme. Selbstverständlich nahmen wir uns, wie wohl alle Touristen auch, vor, den Sonnenaufgang oben direkt unterhalb der Türme zu besichtigen. Der Wecker wurde auch brav gestellt auf vier in der Früh- und das in den Ferien!!!- er weckte uns auch, aber wir konnten einfach nicht aufstehen, auch wenn wir draußen Stirnlampen huschen sahen. Es war einfach zu früh, zu kalt und zu dunkel und das Wetter fühlte sich auch eher schlecht an. Beim Frühstück im Unterstand wurde unsere Entscheidung auch prompt bestätigt, denn die anderen, die oben waren, konnten die Torres in Wolken gehüllt bewundern. Also wie immer: alles richtig gemacht. Als wir mit dem Bus den Nationalpark verließen, war ich fast ein bisschen geschockt, denn wenn das Wetter gut ist, dann sieht man die Torres schon am ersten Tag vom Bus aus und nicht wie wir nach fünf Tagen wandern.
In der Zivilisation angekommen, genossen wir erst mal eine richtig heiße Dusche und gingen dann Pizza essen, wovon wir eigentlich die ganze Wanderung über schon gesprochen hatten. Die Pizza war auch super lecker und neben uns saßen- große Überraschung- zwei Deutsche, die ihre Wanderung im Nationalpark planten. Da konnten wir natürlich mit unserem Wissen glänzen und als Gegenleistung brachte uns Daniel, der ein Stuttgart 21 Gegner aus der vordersten Reihe ist, politisch wieder auf den neuesten Stand. Schon witzig, wenn man quasi am Ende der Welt einer „Oben bleiben“ Tasche begegnet. Außerdem stellte das Mädel den Kontakt zu ihrer WG in Valparaiso her und stellte uns in Aussicht, dort in einer Studentenbude mit Dachterrasse zu nächtigen. Wie versprochen trafen wir auch noch die Jungs im besagten gelben Haus, wo die Burger wirklich massiv waren. Der Abend endete in einer Kneipe, in der es Literbier und wahnsinnig schlechten chilenischen Rotwein gab, den die Bedienung mir aber stilsicher zum Probieren anbot. Obwohl ich schon beim ersten Schluck die Qualität erahnen konnte, nahm ich an und bezahlte am nächsten Morgen mit meinem ersten richtig schlimmen Kater auf unserer Reise.

Bilder bei Flickr

IMG_3684

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Danke
Für die Teilhabe an der Reise! Ein toller Beitrag -...
i-favoriten - 18. Aug, 05:58
Wilkommen zu Hause!!! Wunderschöne...
Wilkommen zu Hause!!! Wunderschöne Worte - behalte...
vespalocke - 26. Aug, 17:42
Versuch eines Fazits
Jetzt sind wir mittlerweile schon wieder seit über...
rastasafari - 25. Aug, 23:19
es ist wirklich interessant...
es ist wirklich interessant zu lesen, dass nusa lempongan...
vespalocke - 23. Aug, 00:38
Bali ich komm: Nusa Lembogan...
Da unser Rückflug gebucht war, machte sich bei mir...
rastasafari - 17. Aug, 18:58

Suche

 

Status

Online seit 5011 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 18. Aug, 05:58

Credits


1 Bolivien
10 Malaysia
11 Indonesien
2 Peru
3 Ecuador
4 Patagonien
5 Neuseeland
6 Cook Islands
7 Hong Kong
8 Nepal
Delhi, Bangkok, Singapur
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren